Telematikinfrastruktur: Das Chaos zum Jahreswechsel wurde (etwas) abgeschwächt
Die Telematikinfrastruktur (TI) sowie deren Anwendungen basieren sicherheitstechnisch auf sog. kryptografischen Verfahren, die eigentlich in diesem Jahr ausgetauscht werden müssen. Konkret geht es um eine Migration von RSA (Rivest-Shamir-Adleman) hin zu ECC (Elliptic Curve Cryptography), weil der noch in Verwendung befindliche RSA-2048-Algorithmus nach den Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und der Bundesnetzagentur (BNetzA) in Deutschland nur noch bis zum 31. Dezember 2025 zur Verschlüsselung und Signatur (QES) verwendet werden darf.
Betroffen sind nahezu alle TI-Komponenten, die zurzeit in den Praxen eingesetzt werden, wie Konnektor, elektronischer Heilberufsausweis (eHBA), Praxisausweis (SMC-B), Gerätekarte in den E-Health-Kartenterminals (gSMC-KT), das Praxisverwaltungssystem (PVS) und der KIM-Dienst.
Diese Migration müsste bis zum 31. Dezember 2025 umgesetzt werden, da der TI-Zugang ab Januar 2026 nur noch per Konnektor mit aktuellem Zertifikat möglich ist. Vom zwingenden Konnektortausch sind dabei besonders jene Geräte betroffen, die bereits einmal eine Laufzeitverlängerung erhalten haben. Die gematik geht von ca. 10.000 noch in Praxen befindlichen Konnektoren dieser Art aus. Sie können definitiv nicht noch einmal verlängert werden und haben ab dem 1. Januar 2026 damit keinerlei Möglichkeit mehr, sich mit der TI zu verbinden.
Darüber hinaus sind laut gematik aber auch ca. 3.000 weitere RSA-only-Konnektoren betroffen, womit für die betroffenen Praxen alle Dienste der TI, wie insbesondere das E-Rezept, die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und die elektronische Patientenakte (ePA) blockiert sind. Dabei bleibt es auch. Eine Verlängerung der Zertifikate ist laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) „technisch ausgeschlossen“. Als Alternative zum Hardware-Konnektor steht allerdings ein Wechsel zum TI-Gateway zur Verfügung.
Praxen müssen diesbezüglich teilweise aber selbst aktiv werden und den Austausch oder den Wechsel zu einem TI-Gateway beauftragen.
Aufschub bei den übrigen Komponenten
Bei den Chipkarten eHBA und SMC-B kommt es zu einer Galgenfrist, weil es beim notwendigen Kartentausch aufgrund einer umfassenden Systemumstellung der Antragsportale sowie der Kartenproduktion zu wesentlich verlängerten Lieferzeiten bei den elektronischen Heilberufsausweisen sowie den Praxis- und Institutionsausweisen kommen kann.
Heilberufsausweise, die Zertifikate mit RSA-Verschlüsselung enthalten, können noch bis zum 30. Juni 2026 genutzt werden. Danach sind nur HBA mit ECC-basierten Zertifikaten einsetzbar, um beispielsweise E-Rezepte zu signieren. Bis zum 30. Juni dürften Kartenhersteller die alten Ausweise deshalb auch nicht sperren, sind aber verpflichtet, ab 1. Januar 2026 ausschließlich ECC-fähige Karten zu produzieren und auszugeben.
Praxisausweise (SMC-B-Karten), die nicht ECC-fähig sind, können übergangsweise noch bis zum 30. Juni 2026 genutzt werden. Praxen, die noch keinen Praxisausweis der neuen Version haben, können damit weiterhin die Telematikinfrastruktur nutzen.
Die ebenfalls von der Umstellung des Verschlüsselungsverfahrens betroffenen Gerätekarten für Kartenterminals, die sogenannte gSMC-KT, dürfen sogar noch bis zum 31. Dezember 2026 genutzt werden. Unabhängig von dieser Sondersituation müssen die Chipkarten aller Anbieter aber ausgetauscht werden, wenn diese nur den RSA-Algorithmus beherrschen, wobei die gematik hier von insgesamt ca. 91.000 noch zu erneuernden Karten ausgeht.
Das sind die (neuen) Fristen für die TI-Komponenten, die ausschließlich auf dem bisherigen RSA-Algorithmus basieren:
RSA-Komponente | Frist | Erläuterungen |
Konnektor | 31.12.2025 | Hier muss schnellstens der Austausch des Konnektors vorgenommen werden, wenn das Gerät nicht ECC-fähig ist. |
PVS-/KIM-Update | 31.12.2025 | Auch das Praxisverwaltungssystem (PVS) und der Kommunikationsdienst KIM werden auf das neue Verschlüsselungsverfahren umgestellt. Die Hersteller stellen dazu ein Software-Update bereit. Sofern das nicht bereits erledigt ist, kann davon ausgegangen werden, dass ein Update zum Jahresende geliefert wird. |
Heilberufsausweis | 30.06.2026 | Es müssen spätestens zu diesem Zeitpunkt alle Ausweise der Generation 2.0, die nicht ECC-fähig sind, durch Ausweise der Generation 2.1 ersetzt werden. Das betrifft auch Arztausweise, die laut ausgewiesenem Gültigkeitsdatum noch länger gültig wären.
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Praxisausweis (SMC-B) | 30.06.2025 | Es müssen alle Ausweise der Generation 2.0, die nicht ECC-fähig sind, durch Ausweise der Generation 2.1 ersetzt werden. Die kleine Chipkarte, die im Kartenterminal steckt, ist der Schlüssel zur Telematikinfrastruktur. Ohne sie kommen Praxen nicht in die TI und können Anwendungen wie das E-Rezept, die eAU, VSDM oder die ePA nicht nutzen. |
Gerätekarte für stationäre Kartenterminals (gSMC-KT) | 31.12.2026 | Es müssen gSMC-KT der Generation 2.0 gegen Karten der Generation 2.1 getauscht werden. Die gSMC-KT gibt dem Kartenterminal eine digitale Identität, um sich mit einem Konnektor verbinden zu können. |

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.