Moderne Migränetherapien zu wenig genutzt
Seit Jahren sind wirksame und gut verträgliche Migräneprophylaktika verfügbar und die aktuelle S1-Leitlinie empfiehlt ihre Anwendung. Doch viele Menschen mit schwerer Migräne erhalten die modernen Migränemittel zu einem späten Zeitpunkt ihres Krankheitsverlaufs. Das zeigen aktuelle Daten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) e.V.
PD Dr. med. Lars Neeb, Präsident der DMKG, meint: „Wir Neurologen beobachten, dass viele Betroffene zuvor über Jahre erfolglos mit unspezifischen Medikamenten behandelt wurden. Erst bei starker Chronifizierung werden CGRP-Therapien überhaupt in Betracht gezogen – dabei wäre gerade eine frühe Therapie entscheidend, um eine Chronifizierung zu verhindern.“ Anlässlich des Deutschen und Europäischen Kopfschmerztags 2025 fordert die Fachgesellschaft ein grundlegendes Umdenken im Gesundheitssystem. „Statt nur auf die Arzneimittelkosten zu blicken, sollten die Gesamtkosten der Erkrankung bei den vorrangig berufstätigen Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden“, so Prof. Dr. med. Gudrun Goßrau, Generalsekretärin der DMKG.
Vorgaben erschweren Verordnung
Die DMKG kritisiert, dass der frühzeitige Einsatz moderner CGRP-Therapien oft durch Verordnungsvorgaben und Kostenrestriktionen der Kassenärztlichen Vereinigungen erschwert werde. Dabei führt eine verzögerte Behandlung zu höherer Krankheitslast und steigenden direkten sowie indirekten Gesundheitskosten. „Wir brauchen ein Umdenken“, fordert Goßrau. „Die Diskussion darf sich nicht nur kurzfristig auf Arzneimittelkosten beschränken, sondern muss die Gesamtkosten der Erkrankung bei den vorrangig berufstätigen Patientinnen und Patienten berücksichtigen.“ Langfristige Krankheitskontrolle, die Vermeidung von Chronifizierung und der Erhalt der Arbeitsfähigkeit der Betroffenen seien gesamtgesellschaftlich relevanter als kurzfristige Einsparungen. Die Anwendung spezifischer Migräneprophylaktika müsse weiterhin wirtschaftlich sinnvoll sein. Nicht alle Patientinnen und Patienten benötigten eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern, die deutlich teurer seien als unspezifische, klassische Prophylaktika. „Doch bei hochfrequenter episodischer oder chronischer Migräne sollte die Therapieentscheidung ärztlich-individuell und nicht primär ökonomisch getroffen werden.“
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e. V. vom 04.09.2025