Könnte ein Lithiummangel Alzheimer auslösen?

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In einer aktuellen in Nature ver­öffent­lichten Studie identifi­zierte eine Forschungs­gruppe der Harvard Medical School Lithium als einen mög­lichen kritischen Faktor für die neuro­nale Gesund­heit und die Entstehung der Alzheimer-Krankheit. Bei Unter­suchun­gen des prä­fron­talen Kortex (PFC) war Lithium das einzige von 27 unter­suchten Metallen, das beim Stadium mild cognitive impairment (MCI), einer mög­lichen Vor­stufe von Alzheimer, im Ver­gleich zur Kontroll­gruppe ohne kognitive Störungen signifikant reduziert war.

Auch bei Alzheimer-Erkrankten war Lithium im PFC signifi­kant verringert. Bei ihnen wurden zudem hohe Lithium­kon­zen­tra­tionen in Amyloid-beta(Aβ)-Plaques gemessen – wohingegen die Konzen­tration in plaque­freien Regio­nen niedriger als in der Kontroll­gruppe war. Dies deutet darauf hin, dass Lithium durch die Aβ-Plaques gebunden wird und in der Folge die Bio­ver­füg­barkeit von Lithium sinkt.

Lithiumarme Diät führt im Mausmodell zu Neurodegeneration

Im nächsten Schritt wurde der Effekt einer lithium­armen Diät (92%ige Reduk­tion) auf ver­schiedene Maus­modelle untersucht. Die Diät führte zu einer etwa 50%igen Reduk­tion von Lithium im Kortex sowie einer beschleu­nigten Abla­gerung von Aβ-Plaques im Hippo­campus von Alzheimer-Mäusen. Auch die Ansamm­lung von Phospho-Tau-Proteinen wurde durch den Lithium­mangel begünstigt. Sowohl in den Alz­heimer-Modellen als auch bei alternden Wild­typ­mäusen führt die lithium­arme Diät zu einem beschleu­nigten Gedächtnis­verlust in ver­schie­denen Tests. Transkrip­tom­analysen zeigten ähn­liche Veränderungen wie bei Alzheimer-Erkrankten. Weitere Unter­suchungen an Mikro­glia­zellen zeigten Ver­ände­rungen zu einem pro­inflamma­torischen Zustand. Als möglichen zellulären Regulator identifi­zierte die Forschungs­gruppe die Kinase GSK3β, die verstärkt durch den Lithium­mangel aktiviert wurde. Die Substi­tution von Lithium­orotat, einem Salz mit redu­zierter Amyloid-Bindungs­fähigkeit, ver­hin­derte effizient patho­lo­gische Ver­ände­rungen (Aβ-Plaques, Phospho-Tau) und Gedächtnis­verlust in den Alzheimer-Maus­modellen und den alternden Wild­typmäusen.

Zusammenfassend zeigen die Daten, dass endogenes Lithium zur Erhal­tung kogni­tiver Fähig­keit im Alter bei­trägt und eine Störung der Lithium­homöostase ein mög­liches frühes Event in der Patho­genese der Alzheimer-Krankheit darstellt. Eine Lithium­ersatz­therapie könnte zukünftig einen poten­ziellen thera­peu­tischen Ansatz zur Präven­tion und Therapie der Alzheimer-Krankheit eröffnen.

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