Patienten haben Anspruch auf Kranken­hausbegleitung: So kann man die Empfehlung ganz unbüro­kratisch abrechnen!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Seit dem 1. November 2022 gibt es eine neue Kranken­haus­begleitungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Bei einer stationären Behandlung ist es seither möglich, dass Menschen mit bestimmten Behin­derungen eine Begleitung im Kranken­haus erhalten können, wenn dies durch eine ärztliche Beschei­nigung bestätigt wird.

Nach einem aktuellen Beschluss des Bewertungs­ausschusses (BA) kann eine solche Bescheinigung nach der Gebühren­ordnungs­position (GOP) 01615 (30 Punkte/aktuell 3,45 Euro) ab dem 1. Juli 2023 einmal im Krank­heits­fall (= 4 Quartale) in Rechnung gestellt werden.

Hintergrund

Begleitpersonen können nach dieser Richt­linie in bestimmten Fällen Anspruch auf Kranken­geld geltend machen. Die abschließende Fest­stellung und Entschei­dung über die Mitaufnahme trifft das Krankenhaus. Dort werden auch die erforderlichen Beschei­nigungen für die Begleit­person ausgestellt, die für den Arbeit­geber beziehungs­weise die Kranken­kasse notwendig sind. Die medizinische Notwendig­keit für eine Begleit­person kann sich beispiels­weise dadurch ergeben, dass ein Mensch mit Behinderung nur mit ihrer Hilfe den Anweisungen des Kranken­haus­personals folgen kann. Die Behinderung allein genügt dabei als Kriterium allerdings nicht.

Eine medizinische Notwendig­keit liegt laut Krankenhaus­begleitungs-Richt­linie des G-BA beispiels­weise vor, wenn ohne Begleit­person die notwendige Kranken­haus­behandlung verweigert wird, nur mithilfe einer Begleit­person den Anweisungen des Kranken­haus­personals gefolgt werden kann oder die Begleit­person ins therapeu­tische Konzept im Kranken­haus bzw. nach der Entlassung aus dem Kranken­haus einzu­beziehen ist.

Konkret werden in der Anlage zur Richtlinie mögliche – allerdings nicht abschließende – Kriterien in drei Fallgruppen genannt:

Fallgruppe 1

Begleitung zum Zweck der Verständigung

Erhebliche oder komplette Beeinträch­tigung der Kommunikation, insbesondere im Bereich

  • Kommunizieren, Sprechen, nonverbale Mitteilungen, Konversation und Gebrauch von Kommunikations­geräten und -techniken oder
  • der kognitiv-sprachlichen Funktion
    • mit mangelnder Fähigkeit, die eigene Symptomatik oder Befindlich­keiten, wie Schmerzen oder Wünsche, deuten, beschreiben oder verstehen zu können, oder
    • mit mangelnder Fähigkeit, die Informationen und Anweisungen des Behandlungs­teams des Kranken­hauses wahrnehmen, verstehen oder umsetzen zu können.
 

Fallgruppe 2

Begleitung zum Zweck der Unterstützung im Umgang mit durch die Kranken­haus­behandlung verbundenen Belastungs­situationen, insbesondere bei fehlender Kooperations- und Mitwirkungs­fähigkeit

Schädigungen globaler oder spezifischer mentaler Funktionen, die sich insbesondere in Form von

  • motorisch geprägten Verhaltens­auffällig­keiten,
  • eigen- und fremdgefährdendem Verhalten,
  • Abwehr oder Verweigerung pflegerischer und anderer medizinischer Maßnahmen,
  • Wahnvorstellungen, ausgeprägten Ängsten und Zwängen,
  • Antriebslosigkeit somatischer oder psychischer Genese oder
 
  • sozial inadäquaten Verhaltensweisen in erheblichem Ausmaß äußern.
 

Fallgruppe 3

Begleitung zum Einbezug in das therapeu­tische Konzept während der Kranken­haus­behandlung oder zur Einweisung in nach der stationären Kranken­haus­behandlung weiterhin notwendige Maßnahmen

Erhebliche Schädigungen oder Beeinträch­tigungen, insbesondere

  • gemäß der Fallgruppen 1 oder 2,
  • neuromuskuloskeletaler und bewegungs­bezogener Funktionen,
  • der Atmungsfunktionen oder
 
  • der Funktion der Nahrungs­aufnahme, insbesondere des Schluckens.
 

Die Bescheinigung muss mindestens ein Kriterium oder eine vergleich­bare Schädi­gung oder Beein­träch­tigung angeben. Dies kann entweder auf dem Formular 2 (Verordnung von Kranken­haus­behandlung) oder als formlose Beschei­nigung erfolgen. 

Die Bescheinigung kann deshalb auf zwei Wegen erfolgen:

  • Ärzte und Psychotherapeuten bescheinigen die Notwendigkeit der Begleitung bei planbaren stationären Eingriffen auf dem Verordnungsformular für eine Krankenhausbehandlung (Muster 2). Dies kann z. B. durch Eintrag in einem Freifeld und unter Bezugnahme auf die genannten Fallgruppen geschehen. Die Leistung ist dann Bestandteil der Versicherten- und Grundpauschalen im EBM und deshalb nicht gesondert berechnungsfähig (siehe Abbildung).
  • Alternativ kann eine solche Beschei­nigung unabhängig von einer Einweisung ins Kranken­haus und mit Gültigkeit für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren im Voraus formlos ausgestellt werden. Voraussetzung ist auch hier, dass die Beschei­nigung ein medizi­nisches Kriterium oder eine vergleich­bare Schädi­gung oder Beein­träch­tigung enthält. Diese Leistung kann nach der neu ab 1. Juli 2023 gültigen GOP 01615 zuzüglich der GOP 40142 berechnet werden.
EBMLegendeEuro
01615Feststellung der medizi­nischen Notwendig­keit einer Mitaufnahme einer Begleit­person im Vorfeld einer nicht geplanten Kranken­haus­behandlung und formlose Bescheinigung gemäß § 3 Abs. 2 der Kranken­haus­begleitungs-Richt­linie des Gemeinsamen Bundes­ausschusses, einmal im Krank­heits­fall3,45
40142

Kosten­pauschale für Leistungen entsprechend der GOP 01615, 01620, 01621 oder 01622, bei Abfassung in freier Form, wenn vereinbarte Vordrucke nicht verwendet werden können, je Seite

Die Kostenpauschale 40142 ist im Zusammen­hang mit der GOP 01615 insgesamt nur für eine Seite berechnungs­fähig.
1,50

Da es sich bei der GOP 01615 um eine neue Leistung handelt, wird sie für die nächsten zwei Jahre außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen (MGV) und damit ohne Mengenbegrenzung zum festen Preis vergütet.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.