Die Vorhaltepauschale ab 2026: Hier gibt es viele Fragen – und hier sind die Antworten

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Ab dem 1. Januar 2026 ändern sich die Rahmen­bedingungen beim Ansatz der bisherigen Gebühren­ordnungs­position (GOP) 03040 im Einheit­lichen Bewertung­smaßstab (EBM). Alte Regelungen bleiben bestehen oder werden modifiziert, neue kommen hinzu. Das wirft eine Reihe von Fragen auf.

Zunächst gilt es zu beachten, dass auch ab dem 1. Quartal 2026 die GOP 03040 von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) „automatisch“ zugesetzt wird.

Bei den mit den Neuregelungen verbundenen Fallzählungen gibt es aber Unterschiede:

  • Es bleibt dabei: Wie bisher zählen selektiv­vertrag­liche Fälle (z. B. haus­arzt­zentrierte Versor­gung, HzV) bei der Ermitt­lung des Honorars für die GOP 03040 nicht mit.
  • Das wirkt sich unverändert auf die Zu- und Abschlags­regelungen bei der GOP 03040 und deren neue Zuschläge aus: Wer nach Abzug der selektiv­vertrag­lichen Fälle weniger als 400 kollektiv­vertrag­liche Fälle hat, bekommt einen Abzug von 13 Punkten (2025 minus 1,61 Euro, 2026 minus 1,66 Euro). Wer nach dem Abzug der selektiv­vertrag­lichen Fälle mehr als 1.200 kollektiv­vertrag­liche Fälle hat, bekommt 2025 einen Zuschlag von 13 Punkten (1,61 Euro), ab 2026 reduziert sich dieser Zuschlag auf 9 Punkte (1,15 Euro).
  • Diese Zu- oder Abschlags­regelung gilt weiterhin pro Arzt nach der Formel: „Behandlungs­fälle der Praxis gemäß Nr. 10 der Präambel 3.1, in denen ein Arzt gemäß Nr. 1 der Präambel 3.1 vertrags­ärztliche Leistungen durch­führt und berechnet, dividiert durch Anzahl der Ärzte“. Das bedeutet, eine BAG mit z. B. zwei Haus­ärzten muss mindestens 800 Fälle haben, um den Abschlag von 13 Punkten bei der GOP 03040 zu vermeiden, den Zuschlag wiederum bekommt sie nur, wenn es mindestens 2.402 Fälle sind.
    Bei angestellten Ärztinnen und Ärzten werden dabei nur die Behandlungs­fälle berück­sichtigt, bei denen eine Ärztin bzw. ein Arzt auch vertrags­ärzt­liche Leistungen durch­führt und berechnet. Bei einer Teil­zeit­tätigkeit wird der Umfang der Tätig­keit laut Zulassungs- bzw. Genehmigungs­bescheid prozentual berück­sichtigt.

So geht es weiter

Ab 2026 kommt bei der GOP 03040 ein neuer Abschlag von 40 % hinzu, wenn die Praxis nicht mindestens 10 Impfungen erbringt und abrechnet. Darüber hinaus gibt es zwei neue Zuschläge, die GOP 03041 und 03042, die aber nur von der KV zugesetzt werden, wenn eine bestimmte Anzahl von definierten Kriterien erfüllt wird. Bei der GOP 03041 sind das zwei bis sieben Kriterien. Das könnte z. B. das Vor­handen­sein einer BAG oder eines MVZ sein oder alternativ die Teilnahme an einem von der KV anerkannten Qualitäts­zirkel, zuzüglich eines Angebotes für zusätz­liche Sprech­zeiten alle 14 Tage von mindestens 60 Minuten entweder mittwochs/freitags nach 15 Uhr oder werktags vor 8 Uhr oder nach 19 Uhr.

Die zuletzt genannten Kriterien sind prozentual an der kollektiv­vertrag­lichen Fallzahl orientiert. Bezogen auf 1.000 Fälle ergeben sich dabei die in Tabelle 1 dargestellten Zahlen:

Tabelle 1:

Kriterien

Prozent

Anzahl/1.000 Fälle

Haus- und Pflegeheimbesuche
GOP 01410, 01411, 01412, 01413, 01415, 01721, 03062, 03063, 38100, 38105, ggf. zzgl. 38202, 38207

5

50

Geriatrische/palliativmedizinische Versorgung
GOP 03360, 03362, 03370, 03371, 03372, 03373, 30980, 30984

12

120

Technische Leistungen
Langzeitblutdruckmessung (03324), Langzeit-EKG (03322, 03241), Belastungs-EKG (03321), Spirographie (03330)

3

30

Videosprechstunde
GOP 01450

1

10

Kleinchirurgie/Wundversorgung/postoperative Behandlung
GOP 02300, 02301, 02302, 02310, 02311, 02312, 02313, 31600

3

30

Ultraschalldiagnostik Abdomen/Schilddrüse
GOP 33012, 33042

2

20

Kooperation Pflegeheim
GOP 37100, 37102, 37105, 37113, 37120

1

10

Schutzimpfungen
gemäß Anlage 1 Schutzimpfungs-Richtlinie des G-BA:
Es zählt die Anzahl der Impfstoffe, z. B. bei Mehrfachimpfung

7 in Quartal 1–3

25 in Quartal 4

70



250

Hier gelten die folgenden Regelungen bei der Fallzählung:

  • Auch der Abschlag von 40 % bezieht sich auf die kollektiv­vertrag­lichen Fälle, wenn weniger als 10 Impfungen erbracht und abgerechnet werden, und auf die Zahl der Impf­stoffe laut der in Anlage 1 der Schutz­impfungs-Richtlinie (SI-RL) aufgeführten Impfungen, unab­hängig von der Zahl an Ärztinnen und Ärzten in der Praxis.
    Das bedeutet, hat eine Praxis 500 kollektiv­vertrag­liche Fälle und 500 selektiv­vertrag­liche Fälle, so muss sie die 10 Impfungen, die ein Honorar für die GOP 03040 ohne Abschlag ermög­lichen, innerhalb der Gruppe der kollektiv­vertrag­lichen Fälle auf der Grund­lage der SI-RL erbringen.
  • Auch bei den weiteren Kriterien, die erfüllt werden müssen, um ggf. die GOP 03041 oder 03042 zugesetzt zu bekommen, zählt nur der prozen­tuale Anteil, der auf die kollektiv­vertrag­lichen Fälle bezogen ist. Bei 500 Fällen müssten deshalb z. B. bei den Impfungen im 1., 2. oder 3. Quartal 7 % und damit jeweils 35 Impfstoffe appliziert werden.
    Gleiches würde z. B. für den Ansatz der geria­trischen bzw. palliativ­medizi­nischen Leistungen gelten. Bei 500 kollektiv­vertrag­lichen und 500 selektiv­vertrag­lichen Fällen müssten es dann 12 % von 500 Fällen und damit 60  Leistungen alter­nativ nach den GOP 03360, 03362, 03370, 03371, 03372, 03373, 30980 oder 30984 sein.
  • Die Zu- und Abschläge bei einer Unter­schrei­tung der Fallzahl von 400 bzw. bei mehr als 1.200 Fällen werden auch ausschließlich auf der Grund­lage der kollektiv­vertrag­lichen Fälle bei den neuen GOP 03041 und 03042 vorgenommen. Bei einem Zusatz der GOP 03040 + 03041 ergäbe sich so eine Bewer­tung von 17,58 Euro, die bei einer Fallzahl unter 400 um 13 Punkte oder 1,66 Euro gekürzt wird. Würde diese Praxis auch den Zuschlag nach der GOP 03040 + 03042 erreichen, wäre das 2026 ein Honorar von 20,13 Euro, das ebenfalls um 1,66 Euro gekürzt würde. Wenn keine 10 Impfungen verab­reicht wurden, würden sich die genannten Summen, bezogen auf die kollektiv­vertrag­lichen Fälle, um weitere 40 % reduzieren. Bei einer Fallzahl über 1.200 wäre der Vorgang mit umgekehrten Vorzeichen identisch.

Was gilt sonst noch

Damit sind aber immer noch nicht alle Besonder­heiten bei der GOP 03040, wie sie sich auch auf die neue Version ab 2026 über­tragen, berück­sichtigt.

  • Wenig bekannt, aber auch weiterhin gültig ist, dass bei der Neben­einander­berechnung der GOP 03040 und der GOP 03030 in demselben Behand­lungs­fall ein Abschlag in Höhe von 50 % auf die GOP 03040 vorgenommen wird, der aller­dings bei zwei­maliger Berech­nung der GOP 03030 im Behand­lungs­fall neben der GOP 03040 entfällt.
  • Die GOP 03040 ist im Behand­lungs­fall nicht neben den GOP 35111 bis 35113, 35120, 35130, 35131, 35140 bis 35142, 35150 bis 35152, 35163 bis 35169 und 35173 bis 35179 und nicht neben den GOP der Abschnitte 30.5, 30.7, 30.9 und 35.2 berechnungs­fähig. Ausgeschlossen im Behand­lungs­fall ist sie auch neben Leistungen gemäß § 6 Anlage 5 des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä), dem sog. K.-o.-Katalog.
  • Wenn Patientinnen und Patienten in einem Quartal ausschließ­lich per Video­sprech­stunde versorgt werden, muss das mit der GOP 88220 gekenn­zeichnet werden. Es erfolgt dann bei Haus­ärztinnen und Haus­ärzten ein Abschlag auf die GOP 03000, 03040, 03041, 03042, 03060 und 03061 von 20 %. Rein rechnerisch würde das zu einem Null­honorar bei den GOP 03040 bis 03042 in einem Fall führen, wenn die 10 Impfungen nicht verabreicht, die GOP 03030 berechnet und nur Video­sprech­stunden abgehalten wurden.

Fazit

Die neue Vorhaltepauschale hat viele „Gesichter“. Welches Honorar unter welchen Voraus­setzungen zustande kommt, ist in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2: Zu-/Abschläge bei der GOP 03040

Beschreibung

Abschlag/Zuschlag

€-Wert 2026

Mit einmal Abrechnung GOP 03030

minus 50 %

8,16

Ohne 10 Impfungen

minus 40 %

9,79

Ausschließlich Videosprechstunde

minus 20 %

13,05

Weniger als 400 Fälle

minus 13 Punkte

14,65

Mit 10 Impfungen

plus/minus 0

16,31

Mehr als 1.200 Fälle

plus 9 Punkte

17,45

Zzgl. GOP 03041 (bei 2 bis 7 Kriterien)

plus 10 Punkte

17,58

Zzgl. GOP 03042 (bei mindestens 8 Kriterien)

plus 30 Punkte

20,13

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.