Die Hepatitis-Diagnostik in der Hausarztpraxis: Bei der Hepatitis C ist schnelles Handeln angesagt!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

GKV-Versicherte haben seit dem 1. Oktober 2021 ab dem voll­endeten 35. Lebensjahr im Rahmen der Inanspruch­nahme eines sog. Check-up einmalig zusätzlich Anspruch auf ein Hepatitis-Screening. Als Zuschlag zur GOP 01732 kann deshalb für eine Beratung die GOP 01734 EBM und übergangs­weise die GOP 01744 berechnet werden.

Welche Information liefert das Hepatitis-C-Screening?

Auf Überweisung nach Muster 10 wird u. a. eine Untersuchung des Blutes auf Hepatitis-C-Antikörper nach der GOP 01865 veranlasst, die wie alle anderen präventiven Labor­leistungen zu keiner Minderung des Laborbonus nach GOP 32001 führt (siehe Tabelle 1).

Tab. 1

EMBLegendeEuro
01734Zuschlag zur Gebührenordnungsposition 01732 für das Screening auf Hepatitis-B- und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektion gemäß Teil B. III. der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie4,71
01744Screening auf Hepatitis-B- und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektion im Rahmen der Übergangsregelung gemäß Teil B. III. § 7 der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie4,71
 
  • Die Gebühren­ordnungs­positionen 01734 und 01744 sind bei Versicherten ab dem vollendeten 35. Lebensjahr insgesamt einmalig berechnungs­fähig.
  • Die Gebühren­ordnungs­position 01744 ist befristet vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2023 berechnungsfähig.
 
01865Nachweis von HCV-Antikörpern

12,07

01867Zuschlag zur Gebühren­ordnungs­position 01865 als Nachweis von Hepatitis-C-Virus-RNA41,37

Der positive Nachweis von Hepatitis-C-Antikörpern beweist den Kontakt mit dem Hepatitis-C-Virus. Nur der Nachweis von Virus-RNA ermöglicht dann aber eine Unter­scheidung zwischen einer ausgeheilten/nicht mehr infektiösen und einer aktiven/infektiösen HCV-Erkrankung (siehe Tabelle 2).

Tab. 2

Test auf HCV-AntikörperTest auf HCV-RNABefunddeutung
PositivPositivGesicherte akute oder chronische HCV-Infektion
PositivNegativGesicherte akute oder chronische HCV-Infektion
NegativPositivFrühe akute HCV-Infektion/immunsupprimiert
(Z. n. Transplantation, Dialyse)
NegativNegativKein Hinweis auf eine HCV-Infektion

Modifiziert nach Sarrazin C et al. S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion“. Z Gastroenterol 2018; 56: 756–838

Was kann man bei positivem Testergebnis tun?

Weltweit leiden schätzungs­weise 58 Millionen Menschen an einer chronischen Hepatitis-C-Virus­infektion, wobei jährlich etwa 1,5 Millionen Neu­infek­tionen auftreten. Das Hepatitis-C-Virus wird wahr­schein­lich ausschließ­lich durch Blut übertragen. Die meisten Infek­tionen treten deshalb durch Kontakt mit Blut aus unsicheren Injektions­praktiken (z. B. intra­venös verabreichte Drogen), unsicherer Gesund­heits­fürsorge, ungeprüften Blut­trans­fusionen und Sexual­praktiken auf, die zu einem Blut­kontakt führen. Ca. 80 % der weltweit HCV-infi­zierten Personen weisen allerdings keine Krank­heits­symptome auf. Nach Schätzungen der WHO starben im Jahr 2019 etwa 290.000 Menschen an Hepatitis C, hauptsächlich an Zirrhose und hepato­zellulärem Karzinom. Gegen das Hepatitis-C-Virus gibt es bisher keine wirksame Impfung, aber antiviral wirksame Medikamente, mit deren Einsatz mehr als 95 % der Personen mit einer Hepatitis-C-Infektion geheilt werden können. Wichtig ist deshalb das frühzeitige Erkennen einer Infektion und die Einleitung einer solchen Behandlung.

Ist eine aktive HCV-Infektion labor­diagnostisch gesichert, folgt in der Regel die Prüfung der Therapie­optionen. Dazu gehört die Bestimmung des HCV-Genotyps und der Konzen­tration der HCV-RNA (siehe Tabelle 3).

Tab. 3

GOPDiagnostische AussageAussageziffer 32001
32827Bestimmung des Hepatitis-C-Virus-Genotyps vor oder während spezifischer antiviraler Therapie32005
32823Quantitative Bestimmung der Hepatitis-C-Virus-RNA vor, während, zum Abschluss oder nach Abbruch einer spezifischen antiviralen Therapie32005

Mit Blick auf diese entweder bei einem positiven Screening zusätz­liche oder nach bereits erfolgtem Screening kurativ erforderliche Hepatitis-C-Diagnostik spielt auch die Anrechnung der veran­lassten Leistungen auf den Labor-Wirt­schaft­lich­keits­bonus nach GOP 32001 eine Rolle (siehe Tabelle 3). Hier zeigt sich, dass eine antivirale Therapie und deren Verlaufs­kontrolle auch in der haus­ärzt­lichen Praxis ohne Auswirkungen auf das Labor­budget durch den Ansatz der Kenn­ziffer 32005 möglich wäre.

Der Infektions­schwer­punkt liegt mit 41 % bei 30- bis 49-jährigen Männern. Bei Frauen ist die Melde­inzidenz in der Alters­gruppe der 30- bis 39-Jährigen am höchsten. Es gibt aber auch schätzungs­weise weltweit 3,2 Millionen Jugend­liche und Kinder mit einer chronischen Hepatitis-C-Infektion. Insofern ist die Aufnahme des Screenings in Deutsch­land erst ab dem 35. Lebensjahr zumindest proble­matisch. Eine Diagnostik außerhalb des Hepatitis-Screenings ist deshalb wichtig und auch möglich (siehe Tabelle 4).

Tab. 4

GOPDiagnostische AussageAussageziffer 32001
32618Bestimmung Hepatitis-C-Virus(HCV)-Antikörper 
32835Nukleinsäure Nachweis (PCR) des Hepatitis-C-Virus (HCV)32006

Ein Problem bei der kurativen Hepatitis-C-Labor­diagnostik ist zwar, dass die Anti­körper­bestimmung nicht von der Anrechnung auf den Labor­wirt­schaftlich­keitsbonus nach GOP 32001 ausge­schlossen ist. Das kann aber durch den sofortigen Ansatz des (viel aussage­kräftigeren) PCR-Tests nach der GOP 32835 behoben werden. 

Fazit:

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht nicht nur Folge­erkrankungen der Leber. Etwa 74 % der chronisch HCV-Infizierten leiden auch unter extrahepatischen Folge­erkrankungen wie neuro­psychiatrischen Störungen, Augen­erkrankungen, Schild­drüsen­dysfunktion, hämato­logischen Erkrankungen/Malignitäten, Lungen­fibrose, kardio­vaskulären/metabo­lischen Erkrankungen, Kryo­globulin­ämie, Nieren­funktions­störungen, Hauterkrankungen, reduzierter Frucht­barkeit, muskuloskelettalen und Binde­gewebs­störungen oder peripheren Neuropathien.

Bei Patienten mit auffälligen Labor­werten und/oder klinischen Zeichen einer Leber­erkrankung wie z.  B. Erhöhung der Transaminasen, des Bilirubins oder bei Ikterus sollte deshalb auch eine Hepatitis-C-Diagnostik erfolgen. Wichtig ist, dass alle Patienten mit einem HCV-RNA-Nachweis antiviral behandelt werden. Entsprechend den Empfeh­lungen aus der DGVS-Leitlinie kann bei der Erst­diagnose einer HCV-Infektion mit typischer Konstellation einer chronischen Infektion die antivirale Therapie umgehend erfolgen.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.