Arztbriefe gehen nicht nur in der Facharztpraxis!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Arztbriefe, die nach den Nrn. 01600 oder 01601 EBM berechnet werden können, sind in der hausärztlichen Versichertenpauschale, den fachärztlichen Grund-/Konsiliarpauschalen und auch in den Abrechnungskomplexen für die präoperativen Untersuchungen nach den Nrn. 31010–31013 EBM enthalten. In beiden Versorgungsebenen gibt es aber trotzdem Fallkonstellationen, bei denen eine Berechnung möglich ist.

Grundsätzlich kommt es dabei darauf an, ob ein Überweisungsauftrag zur Mit- oder Weiterbehandlung oder ein Indikations- oder Definitionsauftrag vorliegt. Im letztgenannten Fall kann anstelle der hausärztlichen Versicherten- bzw. der fachärztlichen Grundpauschale die Konsultationspauschale nach Nr. 01436 EBM zum Ansatz gebracht werden. Daneben sind wiederum die Briefe nach den Nrn. 01600 und 01601 EBM berechnungsfähig. Dies ist z. B. der Fall bei der „Diagnostik und/oder Behandlung einer/von Erkrankung(en) eines Patienten im Rahmen einer Überweisung zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag) an nicht ausschließlich auf Überweisung tätige Ärzte“.
Unabhängig davon, ob die Nrn. 01600 oder 01601 EBM berechnet werden können, ist aber auf jeden Fall der Ansatz der Versandkostenpauschalen nach den Nrn. 40110/40111 EBM oder der Pauschale für die Versendung als elektronischer Arztbrief nach Nr. 86900 und 01660 EBM möglich. Daraus würde z. B. die folgende denkbare Abrechnungskonstellation resultieren:

Fallbeispiel:
Untersuchung eines Patienten nach Überweisung wegen Verdacht auf pAVK oder zu einer Verlaufskontrolle.

EBMLegendeEuroBemerkungen
01436Konsultationspauschale2,00Bei Indikations- oder Definitionsauftrag an nicht ausschließlich auf Überweisung tätigen Arzt
33061Sonographische Untersuchung der extremitätenver- und/oder -entsorgenden Gefäße mittels CW-Doppler-Verfahren an mindestens 3 Ableitungsstellen je Extremität, je Sitzung10,01Bspw. bei Überweisung an einen anderen Hausarzt oder fachärztlich tätigen Internisten
Die Leistung ist bei entsprechendem Qualifikationsnachweis auch von Hausärzten berechnungsfähig.
Alternativ zusätzlich berechnungsfähig:
01600Befundbericht6,12Nicht neben Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale
1601Arztbrief12,01
40110Kostenpauschale für die Versendung bzw. den Transport eines Briefes und/oder von schriftlichen Unterlagen0,81Seit 1. Juli 2020 gültig - ab 1. Oktober 2021 fachgruppenspezifischer Höchstwert (z. B. 38,88 Euro bei Hausärzten)!
40111Kostenpauschale für die Übermittlung eines Telefaxes0,10
86900Versand eArztbrief0,28Nr. 01660 wird bis 30.06.2023 zur Nr. 86900 als Förderbetrag zugeschlagen.
01660Förderzuschlag0,11

Der Versand eines Befundberichtes oder eines Arztbriefes kann auf dem Postweg nach Nr. 40110 EBM oder per Telefax nach Nr. 40111 EBM berechnet werden. Die Pauschale nach Nr. 40110 EBM kann dabei auch dann angesetzt werden, wenn der Brief persönlich, z. B. durch Einwurf in den Postkasten der Praxis, zugestellt wird.

Erfolgt der Versand auf elektronischem Weg, kommen die Nr. 86900 und als Förderzuschlag die Nr. 01660 zum Ansatz. Bis zum 30. März 2021 ist dies noch über einen normalen E-Mail-Account möglich, ab 1. April 2021 ist als Provider ein zugelassener KIM-Dienst Voraussetzung für die Abrechnung der Leistungen. Die Praxis, die den elektronischen Brief empfängt, kann die Nr. 86901 (0,27 Euro) ohne den Förderzuschlag berechnen. Sie muss aber auch über einen KIM-Anschluss verfügen.
Wird eine Befundkopie des Berichtes an den Hausarzt geschickt, kann zusätzlich die Nr. 01602 EBM (1,33 Euro) berechnet werden. In diesem Fall ist die Angabe des Namens oder der LANR des Hausarztes und die schriftliche Zustimmung des Patienten erforderlich. Diese Leistung ist nicht in der fachärztlichen Grund- oder Konsiliarpauschale enthalten und kann deshalb in jedem entsprechenden Fall zusammen mit der Porto- bzw. Telefaxpauschale nach den Nrn. 40110 bzw. 40111 bzw. beim elektronischen Versand mit den Pauschalen nach den Nrn. 86900 und 01660 bzw. beim Hausarzt für den Empfang nach Nr. 86901 berechnet werden. Der Ansatz setzt dabei voraus, dass tatsächlich ein Bericht nach Nr. 01600 bzw. 01601 EBM an einen anderen Arzt verschickt wurde, auch wenn dann die Nrn. 01600/01601 EBM wegen der genannten Ausschlüsse bei Überweisungen zur Mit- oder Weiterbehandlung nicht berechnet werden können.

Sonderfall: Was ist, wenn der Arztbericht nach Quartalswechsel verschickt wird?

Kompliziert wird es, wenn die Behandlung des Patienten am Quartalsende beginnt, die Detailleistungen sich aber in das neue Quartal hineinziehen und der Bericht deshalb erst dann erstellt und verschickt werden kann. Hier ist ein Ansatz der Berichtsgebühren möglich, wenn es in diesem Quartal wegen der laufenden Behandlung zu keinem erneuten Ansatz der Grund- oder Konsiliarpauschale kommt. Der Ausschluss der Berechnung der Nrn. 01600 und 01601 EBM bezieht sich auf den Behandlungsfall und ist nur fakultativer Bestandteil der Grund- und Konsiliarpauschalen. Wird in dem betreffenden Quartal keine Leistung nach den Nrn. 01600 und 01601 EBM erbracht, kann die Grund- oder Konsiliarpauschale trotzdem berechnet werden. Erfolgt die Erstellung und der Versand des Arztbriefes erst im Folgequartal nach Abschluss von Diagnostik und ggf. Therapie, ist deshalb eine Berechnung möglich. Voraussetzung ist hier lediglich, dass im Behandlungsfall neben der Grundpauschale keine der erbrachten Leistungen der Berichtspflicht nach Abschnitt I 2.1.4 des EBM unterliegt. In der Chirurgie trifft dies auf die Nrn. 07310, 07311, 07320 und 07330 bzw. in der Gynäkologie auf die Nr. 08310 EBM zu. In der Inneren Medizin sind es die Nrn. 13250, 13300, 13350, 13500, 13501, 13502, 13545, 13561, 13600, 13601, 13602, 13650, 13700 und 13701 und in der Neurologie die Nrn. 16230, 16231, 16232 und 16233.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.