Zweitmeinung, Telekonsil, Telemonitoring und DiGA: Bei der Behandlung von Herzkranken steht eine Reihe von Hilfen zur Verfügung!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Das ist wenig bekannt: GKV-Versicherte haben einen Rechts­anspruch, vor bestimmten planbaren Operationen eine unabhängige ärztliche Zweit­meinung einzuholen. Zusammen mit dem Telekonsil, dem Tele­monitoring und einer DiGA kann so die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einer Herz­insuffizienz unterstützt werden.

Das Zweitmeinungsverfahren

Braucht eine Patientin bzw. ein Patient einen Herz­schritt­macher, kann die Indikations­stellung für ein diesbezügliches Zweitmeinungs­verfahren nach der Gebühren­ordnungs­position (GOP) 01645 einmal im Krank­heits­fall berechnet werden. Hausärztinnen und -ärzte sind berechtigt, diese Leistung mit einem bundes­einheit­lichen Suffix zum Ansatz zu bringen. Die Leistung beinhaltet eine Beratung – mindestens zehn Tage vor dem geplanten Eingriff, damit die Patientin bzw. der Patient ausreichend Zeit für die Entscheidung hat, ob sie bzw. er eine Zweit­meinung in Anspruch nehmen will. Zur weiteren Information soll die Patientin bzw. der Patient das Merk­blatt des G-BA zum Zweit­meinungs­verfahren, den Hinweis auf die eingriffs­spezifische Entscheidungs­hilfe des Instituts für Qualität und Wirt­schaft­lich­keit im Gesundheits­wesen (IQWiG) und eine Liste mit den für das Zweit­meinungs­verfahren zugelassenen Ärztinnen und Ärzten erhalten (im Internet unter www.116117.de/zweitmeinung verfügbar).

Auf Wunsch müssen die dazugehörigen Befunde, die der sogenannte Zweitmeiner benötigt, zusammen­gestellt und der Patientin bzw. dem Patienten zur Weitergabe ausgehändigt werden. Eine Erstattung von Kopier­kosten ist nicht vorgesehen, die Übermittlung kann aber elektronisch erfolgen und nach der Pseudo­nummer 86900 berechnet werden.

Das Telekonsil, die Anbindung an ein TMZ oder eine DiGA

Der Vorgang kann durch das Verabreden eines Telekonsils mit der Ärztin bzw. dem Arzt, die bzw. der die Indikation zur Implantation des Schritt­machers gestellt hat, ergänzt werden. Diese Leistung ist nach der GOP 01670 des EBM berechnungs­fähig, wobei hier keine Einschränkung auf bestimmt Eingriffe oder auf bestimmte Vertrags­ärztinnen und -ärzte vorhanden ist. Bei Patientinnen und Patienten mit einer Herz­insuffizienz wäre zusätzlich an die Anbindung an ein telemedizinisches Zentrum (TMZ) zu denken. Die Indikations­stellung für ein dort angebotenes Tele­monitoring kann nach der GOP 03325 und die Überwachung mit und ohne Herz­schritt­macher­implantation nach der GOP 03326 EBM berechnet werden. Ein TMZ muss von der zuständigen Kassen­ärztlichen Vereinigung (KV) genehmigt werden, nieder­gelassene Kardio­loginnen und Kardio­logen oder Fach­abteilungen eines Kranken­hauses, die bisher bereits Schrittmacher überwachen, erhalten eine solche Genehmigung aber, wenn sie über die notwendigen telemedizinischen Einrichtungen verfügen.
Eine engmaschigere Überwachung bei Herz­insuffizienz wäre aber auch mit der Verordnung der DiGA ProHerz, bereits ab dem Stadium NYHA I, möglich.

Der Fall:

Klara W. ist 73 Jahre alt und seit vielen Jahren in der Praxis wegen einer Hypertonie und eines Diabetes mellitus II in Behandlung. Nach einem Myokardinfarkt vor 5 Jahren hat sich bei ihr eine Herzinsuffizienz, nunmehr im Stadium NYHA II, entwickelt. Nach erneuter kardialer Dekompensation kommt sie aus dem Krankenhaus zurück. Das Krankenhaus empfiehlt im vorläufigen Arztbrief die Implantation eines Herzschrittmachers und möglichst eine Anbindung an ein TMZ zur engmaschigen Verlaufskontrolle, um weitere Dekompensationen zu vermeiden. Das Vorgehen wird mit der Patientin besprochen und die Möglichkeit für ein Zweitmeinungsverfahren vor einer Implantation erwähnt.

Abrechnung 1. Kontakt im Quartal

EBM

Legende

Punkte/EuroGOÄ

03004

Versicherten­pauschale im 73. Lebensjahr

148/17,66

7

03220

Chronikerpauschale 1

130/15,51

 

03230

Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist

128/15,28

3

01645H

Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit einem ärzt­lichen Zweit­meinungs­verfahren vor Implantation eines Herz­schritt­machers

75/8,95

 

03325

Telemonitoring bei Herzinsuffizienz: Indikations­stellung zur Überwachung des Patienten

65/7,76

A 33

Bitte beachten

  • Die GOP 03325 kann auch zum Ansatz gebracht werden, wenn nach Indikations­stellung zunächst noch kein TMZ zur Verfügung steht. Ist eine solche Anbindung möglich, kommt die GOP 03326 (Zusatz­pauschale für die Patienten­betreuung im Rahmen des Tele­monitorings bei Herz­insuffizienz) für den Austausch mit dem TMZ zusätzlich zum Ansatz. Nach GOÄ ist dann der von der Bundes­ärzte­kammer empfohlene analoge Ansatz der Nr. 60 möglich.
  • Die Nr. A 33 GOÄ stellt ebenfalls eine Empfehlung der BÄK zum Tele­monitoring dar und kann als Analog­leistung ggf. mit der Nr. 3 GOÄ kombiniert werden, da die Ausschlüsse der Nr. 3 hier aufgehoben sind.

Die Patientin kann sich nicht für eine unmittelbare Herz­schritt­macher-Implantation entscheiden und möchte wegen der Details noch einmal mit dem indikations­stellenden Kranken­haus­arzt Kontakt aufnehmen. Dies erfolgt im Rahmen eines Tele­monitorings per Video­sprech­stunde. Dem Konsiliararzt werden zuvor die weiteren Unter­lagen zum bisherigen Kranken­verlauf elektronisch übermittelt. Zur Über­brückung des Zeitraums bis zur Vorlage des Ergeb­nisses des Tele­konsils bzw. ggf. der Zweit­meinung erhält die Patientin eine Verord­nung der DiGA ProHerz mit der Bitte, sich zunächst wöchent­lich mit den dort erhobenen Daten in der Praxis vorzustellen.

Abrechnung 2. Kontakt im Quartal

EBM

Legende

Punkte/EuroGOÄ

03221

Chronikerpauschale 2

40/4,77

15

86900

Versenden eines elektronischen Briefes je Empfänger-Praxis

0,28

 

01670

Zuschlag im Zusammenhang mit den Versicherten­pauschalen für die Einholung eines Telekonsiliums

110/13,13

60

01450

Zuschlag im Zusammenhang mit den Versicherten­pauschalen nach der GOP 03000 bei einer Video­fall­konferenz

40/4,77

 

86700

Pauschale für Leistungen im Zusammen­hang mit der Anwendung der DiGA ProHerz

7,12

A 76

Bitte beeachten

  • Die DiGA ProHerz wurde zunächst vorläufig in das BfArM-Verzeichnis aufgenommen. Da der Bewertungs­ausschuss (BA) aber einen zusätz­lichen medizinischen Nutzen bescheinigt hat, kann die Verordnung und Betreuung der Patientin nach der Pseudo­nummer 86700 in Rechnung gestellt werden.
  • Ein Telekonsil kann auch mit einer Ärztin bzw. einem Arzt vereinbart werden, die bzw. der nicht an der vertrags­ärzt­lichen Versorgung teilnimmt. Der Zuschlag für die Video­fall­konferenz ist dabei nur von der initiierenden Ärztin bzw. dem initiierenden Arzt berechnungs­fähig. Nach GOÄ wäre der Mehraufwand über den Multiplikator darstellbar.
  • Die Nr. 15 der GOÄ kann als Korrelat zu den GOP 03220/03221 im EBM angesehen werden, ist aber nur einmal im Kalenderjahr berechnungs­fähig.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.