So können mittelbare Kontakte nach EBM oder GOÄ berechnet werden!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Arzt-Patienten-Kontakte (APK) per Video oder Telefon finden aktuell häufiger statt. Die unverändert ungünstige Pandemielage hatte deshalb die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schon früh veranlasst, die Videosprechstunde abrechnungstechnisch aufzuwerten. Im psychotherapeutischen Bereich wird das mittlerweile auch intensiv genutzt. In der „Organmedizin“ ist die Methode hingegen weniger geeignet. Hier bietet sich eher der telefonische Kontakt mit dem Patienten an und dafür gibt es in beiden Gebührenordnungen ausreichend Abrechnungsmöglichkeiten.

Nach dem Abschnitt I 4.3.1 der „Allgemeinen Bestimmungen“ des EBM sind telefonische Arzt-Patienten-Kontakte eigentlich Bestandteil der altersgestaffelten Versicherten- oder Grundpauschalen und deshalb nicht gesondert berechnungsfähig. Ruft ein Patient also in der Praxis an und man führt mit ihm ein ggf. sogar längeres Gespräch, ist das „gratis“. Es gibt allerdings Ausnahmen, die man kennen sollte!

Kommt es erstmals im Quartal zu einem solchen telefonischen APK und folgen keine weiteren Kontakte, kann dies pauschal einmal im Quartal nach Nr. 01435 EBM berechnet werden (9,79 Euro). In einem solchen Fall kann allerdings weder die Versicherten- oder Grundpauschale abgerechnet werden noch kommt es im hausärztlichen Bereich zum automatischen Zusatz der Grundpauschale nach Nr. 03040 EBM und auch nicht zur Gutschrift des Laborbonus nach Nr. 32001 EBM. Das ist scheinbar ein ziemlicher finanzieller Verlust, wird aber im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) kompensiert. Auch für einen solchen Fall erhält die Praxis nämlich ein Regelleistungsvolumen (RLV) zugeteilt, das bei Nichtausschöpfung auf die Leistungen bei anderen Patienten übertragen wird.

Beachtenswert ist dabei aber die Sondersituation in Gemeinschaftspraxen (BAG). Die Leistung nach Nr. 01435 EBM ist neben der Versicherten- oder Grundpauschale nämlich nur in demselben Arztfall ausgeschlossen. Hat ein Patient in einer Gemeinschaftspraxis zunächst einen persönlichen APK mit dem Arzt, mit dessen lebenslanger Arztnummer (LANR) die Versicherten- oder Grundpauschale zum Ansatz kommt, und zu einem anderen Zeitpunkt im Quartal einen telefonischen Kontakt mit einem anderen Arzt der BAG, kann die Nr. 01435 EBM mit dessen LANR gekennzeichnet berechnet werden. Bei mehreren Ärzten in der BAG ist das folgerichtig auch mehrfach – allerdings nur einmal im Quartal je Arzt – möglich. Dabei signalisiert der Legendenname der Position „Haus-/Fachärztliche Bereitschaftspauschale“, dass hier etwas besonders honoriert werden soll, was eben nur in einer BAG – oder natürlich auch in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) – die Regel sein dürfte.

Außerhalb der Sprechzeiten können Telefonate grundsätzlich berechnet werden!

Ruft ein Patient außerhalb der Sprechzeiten an, konkret nach 19 Uhr und vor 7 Uhr an Werktagen oder am Wochenende, an Feiertagen bzw. am 24.12. oder 31.12. eines Jahres, kann dies nach den EBM-Nrn. 01100 (21,80 Euro) oder 01101 (34,82 Euro) berechnet werden. Während zu diesen Unzeiten Voraussetzung für die Berechnungsfähigkeit die Initiative (der Anruf) des Patienten ist, kann an Samstagen zwischen 7.00 und 19.00 Uhr die EBM-Nr. 01102 (11,24 Euro) grundsätzlich (z. B. auch im Rahmen einer Telefonsprechstunde) berechnet werden, selbst wenn dies für diesen Zeitraum mit dem Patienten vereinbart wurde.

Wichtig:
Der Ansatz der Nr. 03230 EBM (Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist, 14,24 Euro) ist bei einem telefonischen Kontakt nicht möglich, selbst wenn das Gespräch die hier geforderten 10 Minuten oder länger andauert. Dies gilt auch dann, wenn – wie in der Leistungsbeschreibung ausdrücklich erlaubt – dieses Gespräch mit einer Bezugsperson geführt wird.

Im Rahmen der Pandemie steht hier allerdings die Nr. 01434 EBM (7,23 Euro) zunächst zeitlich begrenzt bis zum 30.06.2021 und in den Organfächern je 5 Minuten Gesprächszeit zur Verfügung. Diese Leistung kann entweder mit der Versicherten- bzw. Grundpauschale oder der Nr. 01435 EBM kombiniert berechnet werden. Eine Anrechnung des Honorars auf das interne Budget von 64 Punkten bei der Nr. 03230 EBM findet dabei nicht mehr statt.

EBM

Legende

Euro

01434

Zuschlag im Zusammenhang mit der GOP 01435 oder der Versicherten bzw. Grundpauschale für die telefonische Beratung durch einen Arzt, je 5 Minuten

7,23

01435

Telefonische Beratung des Patienten im Zusammenhang mit einer Erkrankung durch den Arzt bei Kontaktaufnahme durch den Patienten, einmal im Behandlungsfall, nicht neben Versicherten- oder Grundpauschale

9,79

01100

Unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 19.00 und 22.00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. zwischen 7.00 und 19.00 Uhr

21,80

01101

Unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 22.00 und 07.00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. zwischen 19.00 und 7.00 Uhr

34,82

01102

Inanspruchnahme des Vertragsarztes an Samstagen zwischen 7.00 und 19.00 Uhr

11,24

Quelle: EBM

In der GOÄ herrschen klare(re) Verhältnisse!             

In der GOÄ stehen für telefonische APK durch eindeutige Kennzeichnung in der Leistungsbeschreibung die Nrn. 1 (Beratung – auch mittels Fernsprecher, 10,72 Euro Schwellensatz) und 3 (Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung – auch mittels Fernsprecher, 20,10 Euro Schwellensatz) zur Verfügung. Folgerichtig ist dies bei anderen GOÄ-Positionen, die diesen Hinweis in der Legende nicht eindeutig tragen – wie z. B. Gesprächsleistungen nach den GOÄ-Nrn. 34, 804, 806 oder 849 –, nicht möglich. Daraus resultieren dann auch die parallel zum EBM möglichen telefonischen Kontakte zu Unzeiten. Bei Telefonaten zwischen 20 und 22 Uhr oder 6 und 8 Uhr kann zu den o. g. Leistungen der Zuschlag B (10,49 Euro Einfachsatz) hinzugefügt werden, zwischen 22 und 6 Uhr der Zuschlag C (18,65 Euro Einfachsatz) und für an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen erbrachte Leistungen der Zuschlag D (12,82 Euro Einfachsatz). Eine Besonderheit stellt in der GOÄ der Zuschlag A (4,08 Euro Einfachsatz) dar, der grundsätzlich für außerhalb der Sprechstunde erbrachte, auch telefonische Gesprächsleistungen, berechnet werden kann, ohne dass hier ein Zeitraum definiert ist. Neben dem Zuschlag A können die Zuschläge C bis D nicht berechnet werden, während eine Kombination aus den Zuschlägen B und C mit dem Zuschlag D (Beispiel: telefonische Beratung am Wochenende nach 20 Uhr und vor 8 Uhr) möglich ist. Die Unzeitzuschläge sind nur mit dem Einfachsatz berechnungsfähig.

Wichtig:
Auch die Leistung nach der GOÄ-Nr. 4 (Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken, 29,49 Euro Schwellensatz) kann telefonisch, ggf. zuzüglich der Zuschläge nach A bis D,  erbracht und berechnet werden.

Während der Pandemie kommt ebenfalls zunächst zeitlich begrenzt bis zum 30.06.2021 hinzu, dass die Nr. 3 GOÄ bei einem telefonischen Kontakt je 10 Minuten bis zu dreimal je Sitzung und viermal im Behandlungsfall (Monat) berechnet werden kann.
Beachtenswert ist auch ein Beschluss der Bundesärztekammer (BÄK) vom 14./15. Mai 2020, wonach ein APK per E-Mail analog nach Nr. 1 GOÄ berechnungsfähig ist.  

GOÄ

Legende

Euro 1-fach

A1

Beratung durch den Arzt mittels E-Mail (kein Chat oder SMS), analog Nr. 1 GOÄ

4,66

1

Beratung – auch mittels Fernsprecher

4,66

3

Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung – auch mittels Fernsprecher, mindestens 10 Minuten

8,74

4

Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken

12,82

A

Zuschlag für außerhalb der Sprechstunde erbrachte Leistungen

4,08

B
BD

Zuschlag für in der Zeit zwischen 20 und 22 Uhr oder 6 und 8 Uhr außerhalb der Sprechstunde erbrachte Leistungen

10,49
23,31

C
CD

Zuschlag für in der Zeit zwischen 20 und 22 Uhr oder 6 und 8 Uhr außerhalb der Sprechstunde erbrachte Leistungen

18,65
31,47

Quelle: GOÄ, Beschluss der BÄK vom 14./15. Mai 2021

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.