Psychiatrische Leistungen in der GOÄ: Das ist nicht nur etwas für den Facharzt!

      Abrechnung     Abrechnung

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Psychiatrische Erkrankungen sind in der hausärztlichen Praxis keine Seltenheit. Der EBM bietet hier allerdings kaum Möglichkeiten, die erbrachten Leistungen auch in Gebührenordnungspositionen umzusetzen, so dass die Abrechnung in der Regel über die Versichertenpauschale abgedeckt und damit ziemlich einfach ist. Die beiden einzigen in Betracht kommenden Leistungen nach den EBM-Nrn. 35100 bzw. 35110 werden wiederum von der Fachgruppe so selten berechnet, dass sie kaum ins Gewicht fallen. Anders ist es bei der Privatabrechnung. Selbst die noch gültige alte GOÄ beinhaltet eine reichliche Anzahl an Leistungspositionen für die Abrechnung der bei Patienten mit psychischen Problemen notwendigen differentialdiagnostischen bzw. therapeutischen Maßnahmen.

Zur Abklärung neurologisch-psychiatrischer Erkrankungen stehen in der GOÄ die Leistungen nach den Nrn. 800 und 801 GOÄ zur Verfügung. In beiden Fällen wird keine vollständige Untersuchung, wie z. B. bei den somatischen Leistungen nach den Nrn. 6 bis 8 GOÄ, sondern nur eine eingehende Untersuchung verlangt. Setzt man die Bewertung der Nrn. 800 und 801 GOÄ deshalb in Relation zur somatischen Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ (Symptombezogene Untersuchung), kann man ableiten, dass mit der Untersuchung von mindestens drei Bereichen der Leistungsinhalt erfüllt ist. Im Falle der Nr. 800 GOÄ käme hier z. B. die Prüfung der Reflexe, der Muskulatur und Kraft sowie der Sensibilität in Betracht, bei der Nr. 801 GOÄ würde der Leistungsinhalt z. B. durch die Prüfung der seelischen, psychosozialen und persönlichen Befindlichkeit erfüllt. Beide Leistungen können bei entsprechender Fragestellung in einer Sitzung zusammen erbracht und berechnet werden. Beachtenswert ist dabei, dass auch die somatischen Untersuchungsleistungen – ausgenommen der Ganzkörperstatus nach Nr. 8 GOÄ – neben den GOÄ-Nrn. 800 und/oder 801 berechnungsfähig sind.

Es gibt viele psychiatrische Behandlungsleistungen in der GOÄ!

Bei der Behandlung des psychiatrisch erkrankten Patienten stehen zur Abrechnung die Leistungen nach den Nrn. 804 und 806 GOÄ zur Verfügung. Die Nr. 804 beinhaltet die psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches Gespräch, die Nr. 806 durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch, auch in akuter Konfliktsituation – gegebenenfalls unter Einschluss eines eingehenden situationsregulierenden Kontaktgesprächs mit Dritten. Voraussetzung ist hier – im Gegensatz zur Nr. 804 GOÄ – eine Mindestgesprächsdauer von 20 Minuten. Beide Leistungen sind in einer Sitzung nicht gemeinsam berechnungsfähig, aber z. B. neben den Nrn. 800 und/oder 801 GOÄ. Bei einer eher psychotherapeutischen Behandlung wie z. B. bei psychoreaktiven, psychosomatischen oder neurotischen Störungen sieht die GOÄ die Leistung nach Nr. 849 (Dauer mindestens 20 Minuten) vor. Handelt es sich um eine Notfallsituation mit psychischer Dekompensation, tritt als verbale Behandlung an die Stelle der Nrn. 804, 806 oder 849 die Leistung nach Nr. 812 GOÄ (Psychiatrische Notfallbehandlung bei Suizidversuch und anderer psychischer Dekompensation durch sofortige Intervention und eingehendes therapeutisches Gespräch).

In der GOÄ muss man auch die psychiatrischen Hilfsleistungen beachten!

Ergänzende diagnostische Leistungen sieht die GOÄ ebenfalls vor, allerdings gibt es hier teilweise Einschränkungen: Die Erhebung einer biographischen psychiatrischen Anamnese nach Nr. 807 GOÄ ist nur bei Kindern und Jugendlichen unter Einschaltung der Bezugs- und Kontaktpersonen mit schriftlicher Aufzeichnung, auch in mehreren Sitzungen, berechnungsfähig. Beim Erwachsenen kann allerdings eine einmalige, nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einer eingehenden Untersuchung (nach den Nrn. 800 und/oder 801 GOÄ) durchgeführte Erhebung der Fremdanamnese über einen psychisch Kranken oder über ein verhaltensgestörtes Kind nach Nr. 835 GOÄ in Rechnung gestellt werden. Die somatische Variante der Fremdanamnese nach Nr. 4 GOÄ ist hier aber auch möglich.

In der Folge ist das GOÄ-Leistungsspektrum, das auch im hausärztlichen Bereich bei psychiatrischen Erkrankungen zum Einsatz kommen kann, abgebildet. Bei der Bewertung ist jeweils der Schwellensatz von hier 2,3 zugrunde gelegt:

GOÄLegendeEuroAusschlüsse
800Eingehende neurologische Untersuchung26,158, 26, 825, 826, 830 und 1400
801Eingehende psychiatrische Untersuchung – gegebenenfalls unter Einschaltung der Bezugs- und/oder Kontaktperson33,514, 8, 715–718,
825, 826, 830 und 1400
807Erhebung einer biographischen psychiatrischen Anamnese bei Kindern oder Jugendlichen unter Einschaltung der Bezugs- und Kontaktpersonen mit schriftlicher Aufzeichnung, auch in mehreren Sitzungen53,611, 3, 4, 22, 30, 34,
835, 860
835Einmalige, nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einer eingehenden Untersuchung durchgeführte Erhebung der Fremdanamnese über einen psychisch Kranken oder über ein verhaltensgestörtes Kind8,581, 3, 4, 22, 30, 34,
800, 801, 807, 860
804Psychiatrische Behandlung durch eingehendes therapeutisches Gespräch – auch mit gezielter Exploration 20,101, 3, 22, 30, 34
806Psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch, auch in akuter Konfliktsituation – gegebenenfalls unter Einschluss eines eingehenden situationsregulierenden Kontaktgesprächs mit Dritten –, Mindestdauer 20 Minuten33,511, 3, 4, 22, 30, 34,
725, 817, 849
812Psychiatrische Notfallbehandlung bei Suizidversuch und anderer psychischer Dekompensation durch sofortige Intervention und eingehendes therapeutisches Gespräch67,021, 3, 22, 30, 34
849Psychotherapeutische Behandlung bei psychoreaktiven, psychosomatischen oder neurotischen Störungen, Mindestdauer 20 Minuten30,841, 3, 22, 30, 34,
725, 726, 804, 806, 812

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.