Organspende-Beratung: Das kann man nach EBM und GOÄ abrechnen!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Seit dem 1. März 2022 ist das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) in Kraft, das unter anderem die Förderung von Maßnahmen vorsieht, mit denen die Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung erhöht werden soll. Die Beratung nach EBM war bereits berechnungsfähig, jetzt ist dies auch nach GOÄ möglich!

Hintergrund

Hausärzte (Allgemein­ärzte, Hausarzt-Internisten, Pädiater) sollen laut dem ins GVWG integrierten Trans­plantations­gesetz (TPG) ab März 2022 Patienten regelmäßig darauf hinweisen, dass sie mit Voll­endung des 16. Lebens­jahres eine Erklärung zur Organ- und Gewebe­spende abgeben, ändern und wider­rufen, zuvor mit Vollendung des 14. Lebens­jahres einer Organ- und Gewebe­spende aber wider­sprechen können. Bei Bedarf soll eine Beratung insbesondere zu folgenden Punkten erfolgen:

  • Möglichkeiten der Organ- und Gewebe­spende
  • Voraus­setzungen für eine Organ- und Gewebe­entnahme bei toten Spenderinnen und Spendern
  • Bedeutung der Organ- und Gewebe­übertragung
  • Möglichkeit, eine Entscheidung zur Organ- und Gewebe­spende im Organ­spende­register abzu­geben
  • Hinweis, dass es keine Verpflichtung gibt, eine Entscheidung zu treffen und zu dokumentieren

In dem Gespräch soll Patienten durch die ergebnis­offene Information eine persönliche Entscheidung ermöglicht werden, die im Einklang mit ihrer Person und ihren persönlichen Werten steht. Dies bedeutet, dass sie neutral informiert werden, Zeit finden, diese Informationen mit ihren eigenen Wert­vor­stellungen und Wünschen abzugleichen, und sich schließlich aufgrund ihrer persönlichen Über­zeugungen für oder gegen eine Spende ihrer Organe und Gewebe entscheiden können.

Die Bundes­zentrale für gesund­heitliche Aufklärung (BZgA) hat zur Unterstützung dieser Gesprächs­führung in Kooperation unter anderem mit KBV, Bundes­ärzte­kammer und dem Deutschen Haus­ärzte­verband Informations­materialien für Ärzte und Patienten entwickelt. Alle Hausärzte haben deshalb Anfang Februar ein Starter­paket mit dem Hinweis auf die kosten­freie Bestell­möglichkeit weiterer Unterlagen erhalten. Das Paket enthält Material zur Aufklärung von zehn Patienten sowie 100 Organ­spende­ausweise. Ein Manual für das Arzt-Patienten-Gespräch zur Organ- und Gewebe­spende sowie weitere Aufklärungs­materialien können zusätzlich kosten­frei bei der BZgA unter https://shop.bzga.de/alle-kategorien/organspende/ bestellt werden.

Haus- sowie Kinder- und Jugend­ärzte können diese neue Beratungs­leistung seit dem 1. März 2022 alle zwei Jahre ab dem vollendeten 14. Lebens­jahr nach Nr. 01480 EBM extra­budgetär mit 7,32 Euro (65 Punkte) in Rechnung stellen.

So kann die Beratung zur Organspende nach EBM berechnet werden:

EBMLeistungsbeschreibungEuro

01480

Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG

Obligater Leistungsinhalt

  • Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt
  • Beratung über Organ- und Gewebespenden gemäß § 2 Abs. 1a TPG

Fakultativer Leistungsinhalt

  • Aushändigung von Aufklärungsunterlagen
  • Aushändigung eines Organspendeausweises
  • Übertragung der Information, dass ein Organspendeausweis vorhanden ist, auf die elektronische Gesundheitskarte (eGK) des Patienten
 

7,32

Hinweise:

  • Die Gebührenordnungsposition 01480 ist nur alle zwei Kalenderjahre berechnungsfähig.
  • Die Gebühren­ordnungs­position 01480 ist bei Versicherten ab dem vollendeten 14. Lebensjahr berechnungs­fähig.
  • Bei der Neben­einander­berechnung diagnostischer bzw. therapeutischer Gebühren­ordnungs­positionen und der Gebühren­ordnungs­position 01480 ist eine mindestens 5 Minuten längere Arzt-Patienten-Kontakt­zeit als in den entsprechenden Gebühren­ordnungs­positionen angegeben Voraus­setzung für die Berechnung der Gebühren­ordnungs­position 01480.
 

Quelle:
Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Absatz 4 SGB V in seiner 76. Sitzung am 15. Dezember 2021

Bundesärztekammer, PKV-Verband und Beihilfekostenträger haben jetzt nachgezogen!

Der Vorstand der Bundes­ärzte­kammer hat in seiner Sitzung vom 22.05.2022 (Wahl­periode 2019/2023) nun auch eine zuvor vom Ausschuss „Gebühren­ordnung“ der Bundes­ärzte­kammer am 09.02.2022 befürwortete Abrechnungs­empfehlung zur Organspende-Beratung beschlossen und mit dem PKV-Verband und den Beihilfe­kosten­trägern vereinbart. Demnach ist eine Beratung zur Organ- bzw. Gewebe­spende mit dem analogen Ansatz der Nr. 3 GOÄ jeweils einmal innerhalb von zwei Jahren berechnungs­fähig. Beachtenswert ist dabei, dass die Leistung nur mit dem 2,3-fachen Satz in Rechnung gestellt werden kann. Dabei gibt es aber keine Ausschlüsse wie bei der originären Nr. 3 GOÄ (nur neben Nrn. 5–8, 800 und 801 GOÄ) und auch andere Gesprächs­leistungen mit anderem Inhalt können daneben berechnet werden. Der Beschluss beinhaltet keine weiteren Detail­regelungen, bezieht sich aber auf die einschlägigen Bestimmungen des Trans­plantations­gesetzes (TPG), so dass diese – insbesondere was die Alters­grenzen betrifft – mit denen im EBM identisch sind.

So kann die Beratung zur Organspende nach GOÄ berechnet werden:

GOÄLeistungs­beschreibungEuro

A3

Beratung zur Organ- und Gewebe­spende nach § 2 Abs. 1b i. V. m. Abs. 1a TPG, Dauer mindestens 10 Minuten

Die Leistung ist innerhalb von zwei Jahren nur einmal berechnungs­fähig.

20,11

Hinweise:

  • Die Leistung kann zusätzlich neben (anderen) allgemeinen ärztlichen Gesprächs­leistungen berechnet werden.
  • Abrechnungs­ausschlüsse der GOP A3 gegenüber anderen Leistungen des Gebühren­verzeichnisses für ärztliche Leistungen gelten hier nicht.
  • Die Leistung ist nur mit dem 2,3-fachen Satz berechnungs­fähig.
 

Quelle:
Gemeinsame Analog­abrechnungs­empfehlung von BÄK, PKV-Verband und Beihilfe­kostenträgern für die Beratung zur Organ- und Gewebe­spende nach § 2 Abs. 1b i. V. m. Abs. 1a TPG

Fazit

Es handelt sich hier zwar um keine Präventions­leistung, sie hat aber rein abrechnungs­technisch große Ähnlichkeit mit den dort einschlägigen Abrechnungs­positionen. Es bietet sich deshalb an, diese Leistung organisatorisch in die Vorsorge­programme nach EBM und GOÄ einzubeziehen. Denkbar wäre ein Beginn mit der Jugend­gesundheits­untersuchung J1 und eine Fortsetzung mit der Gesund­heits­unter­suchung (Check-up) ab dem 18. Lebensjahr. Wegen des Zwei­jahres­turnus wäre in der Folge ab dem 35. Lebens­jahr eine Anbindung an das Haut­krebs­screening sinnvoll und ab dem 50. Lebens­jahr zusätzlich an die Früh­erkennung des kolorektalen Karzinoms, um zu vermeiden, dass die Maßnahme in Vergessenheit gerät.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.