Ab 2021 gibt es (schon wieder) neue EBM- und Corona-Leistungen!

      Abrechnung

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Die SARS-CoV-2-Pandemie ist weiter federführend bei Neuregelungen im Abrechnungs- und Dokumentationsbereich der Praxis! Es gibt aber auch einige „normale“ Beschlüsse des Bewertungsausschusses, die das GKV-Leistungsspektrum im nächsten Jahr bereichern.

Ab dem 1. Januar 2021 kann der Nasen-Rachen-Abstrich aufgrund einer Warnung durch die Corona-Warn-App bei Personen ohne COVID-19-Symptome nicht mehr über den EBM abgerechnet werden. Diesbezüglich hat der Bewertungsausschuss (BA) die Nr. 02402 EBM angepasst und die Laborleistung 32811 EBM gestrichen. Mit Wirkung zum 15. Oktober 2020 haben gemäß der „Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV)“ Personen, die in den letzten 10 Tagen durch die Corona-Warn-App des Robert Koch-Institutes eine Warnung erhalten haben, zwar weiterhin Anspruch auf eine entsprechende Testung, Abstriche und PCR-Tests können aber gemäß § 2 Abs. 1 der TestV nur noch nach den regional geltenden Abrechnungsbedingungen in den einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen zum Ansatz gebracht werden.

WICHTIG:

Rückwirkend zum 1. Oktober 2020 wurden außerdem die Laborleistungen nach den EBM-Nrn. 32779, 32811 und 32816 zum Nachweis von SARS-CoV-2 in die Kennnummer „Nebenstehende Gebührenordnungspositionen bleiben grundsätzlich bei der Ermittlung des arztpraxisspezifischen Fallwertes unberücksichtigt“ im Abschnitt 32.1 des EBM eingeordnet. Die Leistungen belasten deshalb grundsätzlich den Laborbonus nicht mehr, die Angabe der Kennnummer 32006 in der Abrechnung oder auf dem Überweisungsschein ist nicht mehr erforderlich.

Die WHO sorgt für (noch mehr) Verwirrung!

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat indessen weitere Kodes im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie in das ICD-10-Verzeichnis aufgenommen. U07.3 steht nun für „COVID-19 in der Eigenanamnese, nicht näher bezeichnet“, U07.4! für „Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet“ und U07.5 für „Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19, nicht näher bezeichnet“. Diese Kodes sind insofern wichtig, dass sie auch als Begründung für den Ansatz der Kennnummer 88240 herangezogen werden können und so für eine extrabudgetäre Vergütung sorgen. Ärgerlich ist, dass sie nur vorübergehend bis zum 31. Dezember 2020 gelten, gemäß § 295 SGB V in der vertragsärztlichen Versorgung aber anzuwenden sind. Ab dem 1. Januar 2021 verlieren sie schon wieder ihre Gültigkeit. Aus Gründen der internationalen Vergleichbarkeit werden, wie von der WHO vorgesehen, danach neue Schlüsselnummern mit identischem Inhalt als U08.9 (für COVID-19 in der Eigenanamnese, nicht näher bezeichnet), U09.9! (für Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet) und U10.9 (für Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19, nicht näher bezeichnet) neu aufgenommen.

Diese neuen Kodes sollen bei der Diagnostik im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie zusätzlich verwendet werden:

ICD-10-Kode
bis 31.12.2020
ICD-10-Kode
ab 01.01.2021
Verwendung
U07.3U08.9Ist für die Fälle vorgesehen, bei denen eine frühere, bestätigte Coronavirus-19-Krankheit zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führte. Die Person leidet nicht mehr an COVID-19.
U07.4!U09.9!Ist für die Fälle vorgesehen, bei denen der Zusammenhang eines aktuellen, andernorts klassifizierten Zustandes mit einer vorausgegangenen Coronavirus-19-Krankheit kodiert werden soll. Die Schlüsselnummer ist nicht zu verwenden, wenn COVID-19 noch vorliegt.
U07.5U10.9Ist für Fälle vorgesehen, bei denen ein durch Zytokinfreisetzung bestehendes Entzündungssyndrom in zeitlichem Zusammenhang mit COVID-19 steht.

Quelle: KBV

WICHTIG:

Damit die Praxis-EDV bei der Kodierung nicht „mosert“, muss man außerdem beachten, dass die ICD-10-GM-Kodes U07.4! beziehungsweise U09.9! sekundäre Zusatzkodes, erkenntlich am hinzugefügten Ausrufezeichen (!), sind. Damit ist geregelt, dass diese Kodes eine ergänzende Information enthalten müssen. Zusatzkodes müssen mit mindestens einem weiteren primären Kode kombiniert werden. Das Ausrufezeichen gehört zur Bezeichnung der Kodes, wird aber bei der Kodierung nicht verwendet (U09.9 statt U09.9!). Die gelisteten Kodes dürfen außerdem ausschließlich mit dem Zusatzkennzeichen „G“ (gesichert) für die Diagnosesicherheit angegeben werden.

Das Hepatitis-Screening gehört bald zum Check-up!

Voraussichtlich ab dem nächsten Jahr wird der sogenannte Check-up (Gesundheitsuntersuchung nach Nr. 01732 EBM) um das „Hepatitis-Screening“ erweitert. Nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 20.11.2020 haben Versicherte ab 35 Jahren künftig einmalig den Anspruch, sich auf die Viruserkrankungen Hepatitis B und Hepatitis C als Bestandteil des sogenannten Check-up testen zu lassen. Dieser Beschluss hatte eine lange Vorlaufzeit: Abschlussberichte zur Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kamen zunächst zu dem Ergebnis, dass für beide Screenings das Nutzen-Schaden-Verhältnis mangels aussagekräftiger Evidenz insgesamt unklar sei. Da beim Hepatitis-C-Screening laut IQWiG auf der Grundlage von Analysen internationaler Leitlinienempfehlungen jedoch positive Effekte bei Risikogruppen und bestimmten Geburtskohorten plausibel erschienen, hatte der G-BA in einem ersten Beschlussentwurf zunächst ein risikoadaptiertes Hepatitis-C-Screening vorgesehen und am 27. Juni 2019 ein Stellungnahmeverfahren eingeleitet. Erst im Zuge dieses Verfahrens wurde aufgrund der schwierigen Operationalisierung die Fokussierung auf Risikogruppen problematisiert und der Anspruch auf ein generelles einmaliges Screening auf Hepatitis C und Hepatitis B ab dem 35. Lebensjahr beschlossen. Damit sollen unentdeckte (weil zunächst symptomlos oder schleichend verlaufende) Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) oder Hepatitis-C-Virus (HCV) rechtzeitig erkannt werden. Es sollen so chronische Verläufe mit gravierenden Spätfolgen wie Leberzirrhose oder Leberkrebs durch die frühzeitige Gabe von antiviralen Medikamenten verhindert werden.

Das Hepatitis-B-Virus ist in der Frühphase bekanntlich hochansteckend, und schon kleinste Mengen Blut können das Virus übertragen, z. B. indem sie durch geringfügige Verletzungen der Haut oder Schleimhaut in den Körper gelangen. Es ist in deutlich geringerer Konzentration auch in allen anderen Körperflüssigkeiten enthalten, deshalb ist Hepatitis B auch sexuell übertragbar. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr ist Hepatitis B eine der weltweit häufigsten Infektionskrankheiten.

Beim künftigen Screening auf eine Hepatitis-B-Infektion wird das Blut des Versicherten auf das Hepatitis-B-Virus-Oberflächenprotein HBsAg untersucht. Wurde das Oberflächenprotein gefunden, wird dieselbe Blutprobe auf HBV-Erbgut (HBV-DNA) zum Nachweis einer aktiven Infektion mit Hepatitis B getestet. Vor diesem Screening auf Hepatitis B soll allerdings der Impfstatus geklärt werden. Eine Impfung gegen Hepatitis B ist möglich und wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Säuglinge und Kinder seit 1995 und für Menschen mit geschwächtem Immunsystem seit 2013 empfohlen. Bei einer nachgewiesenen Impfung wird ein Screening auf Hepatitis B deshalb als nicht notwendig angesehen.

Hepatitis C ist eine Leberentzündung, die auf eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus zurückgeht. Beim Screening auf Hepatitis C werden zunächst HCV-Antikörper gesucht und bei einem positiven Befund dieselbe Blutprobe auf Virus-Geninformationen (Virus-RNA) getestet. Ist keine HCV-RNA nachweisbar, ist die Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeheilt. Ist eine HCV-RNA nachweisbar, soll direkt mit einer antiviralen Therapie begonnen werden. Für Hepatitis C existiert bislang keine Schutzimpfung. Übertragen wird Hepatitis C hauptsächlich durch Kontakt mit virushaltigem Blut. Eine sexuelle Übertragung ist möglich, nach derzeitiger Studienlage jedoch eher selten. Es stehen mittlerweile hochaktive Arzneimittel zur Verfügung, die, rechtzeitig eingesetzt, zu einer Heilung führen können.

WICHTIG:

Da gesetzlich Versicherte ab dem 35. Lebensjahr nur alle 3 Jahre Anspruch auf einen Check-up (Gesundheitsuntersuchung) haben, können sie übergangsweise diesen neu eingeführten Test auf Hepatitis B und C auch separat nachholen, wenn ihr letzter Check-up weniger als 3 Jahre ab Inkrafttreten dieses Beschlusses zurückliegt. Damit soll allen Versicherten zeitnah das neue Angebot zur Verfügung stehen. Bevor diese neue Vorsorgeleistung in Anspruch genommen werden kann, sind noch die üblichen Umsetzungsschritte notwendig: Der Beschluss wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft. Das Ministerium hat hierfür 2 Monate Zeit. Wird der Beschluss nicht beanstandet, treten die Änderungen am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Danach überprüft der Bewertungsausschuss, ob eine Anpassung des EBM erforderlich ist. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob es der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) gelingt, für den notwendigen Mehraufwand bei den Fachgruppen, die den Check-up durchführen dürfen (Prüfung des Impfstatus, Motivation zum Screening, Kontrolle der einmaligen Berechtigung), mit den Kassen auch ein Honorar zu vereinbaren.

Telefon-AU gilt weiter bis Ende März 2021!

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 3. Dezember 2020 seine Sonderregelung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. März 2021 verlängert. Patienten mit leichten Atemwegserkrankungen können damit weiterhin bis zu 7 Tage krankgeschrieben werden. Eine Folgebescheinigung für weitere 7 Kalendertage bleibt auf diesem Weg ebenfalls möglich. Damit reagiert der G-BA auf die deutschlandweit anhaltend hohen COVID-19-Infektionszahlen. Durch eine Reduzierung von direkten Arzt-Patienten-Kontakten sollen das potenzielle Infektionsrisiko gesenkt und Arztpraxen entlastet werden. Die Prüfung des gesundheitlichen Zustandes des Patienten muss weiterhin durch eine eingehende telefonische Befragung persönlich erfolgen und dabei geprüft werden, ob gegebenenfalls doch eine körperliche Untersuchung notwendig ist. Unabhängig von der Ausnahmeregelung zur telefonischen Krankschreibung sollten Versicherte bei typischen COVID-19-Symptomen nach Kontakt zu COVID-19-Patienten und bei unklaren Symptomen von Infektionen der oberen Atemwege vor dem Arztbesuch telefonisch Kontakt zur Praxis aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen. Der Beschluss zur Verlängerung der bundesweiten Sonderregelung der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit tritt nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger mit Wirkung zum 1. Januar 2021 in Kraft.

WICHTIG:

Mit dem Beschluss des G-BA ist keine automatische Verlängerung der damit verbundenen Abrechnungsregelungen nach den Nrn. 01434 und 01435 EBM verbunden. Der Bewertungsausschuss hat aber bereits signalisiert, dass zeitnah auch hier eine entsprechende Entscheidung getroffen wird, so dass davon auszugehen ist, dass die Berechnung der Nr. 01434 EBM bei solchen telefonischen Kontakten auch über den 31.12.2020 hinaus Gültigkeit hat.

In gleicher Sitzung hat der G-BA auch eine Verlängerung der bisherigen Sonderregelungen bei der Videobehandlung, der Leistungsverordnung nach telefonischer Anamnese, zu den verlängerten Vorlagefristen für Verordnungen sowie zu verschiedenen Erleichterungen bei Verordnungsvorgaben in Aussicht gestellt.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.