Honorarabschluss 2022: Was bedeutet das für die Vertragsärzte?

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Am 15. September 2021 haben der Erweiterte Bewertungs­aus­schuss (EBA) und der Bewertungs­aus­schuss (BA) eine Reihe von Entscheidungen getrof­fen, die sich ab dem 1. Januar 2022, teilweise aber auch schon ab dem 1. Oktober 2021, auf das vertrags­ärztliche Honorar auswirken.

Eine Anhebung des Orientierungspunktwertes (OPW) für das Jahr 2022 um 1,275 Prozent führt dazu, dass ab dem kommenden Jahr die einzelnen Leistungen im EBM mit 11,2662 Cent je Punkt vergütet werden. Als neues Honorarelement kommt noch ein Hygienezuschlag hinzu. Der EBA hatte bereits am 9. Juni 2021 festgelegt, dass die Kassen dafür 89 Millionen Euro zur Verfügung stellen müssen. Jetzt beraten Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Kassen darüber, wie dieses Geld an die einzelnen Fachgruppen verteilt werden soll. Geplant sind Zuschlagsleistungen zu den jeweiligen Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschalen, die von der zuständigen KV „automatisch“ zugesetzt werden.
Da Honorare aber nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung zu diesem Wert bezahlt werden, kommt es darauf an, wie viel die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in der „Kasse“ haben. Darüber entscheiden die bereits zuvor festgelegten sog. Veränderungsraten (Morbiditäts- und Demografierate), die im kommenden Jahr regional insgesamt so niedrig ausfallen, dass sie teilweise sogar den Zuwachs beim OPW und dem Hygienezuschlag reduzieren.

BA-Beschlüsse könnten Honorarverluste teilweise ausgleichen!

Erfreulich ist, dass einige Regelungen im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Pandemie vom Bewertungsausschuss zunächst bis zum 31.12.2021 verlängert wurden, die zumindest in diesem Jahr noch einen Ausgleich für die im nächsten Jahr drohenden Honorarverluste schaffen könnten:

  • Telefonische Konsultationen werden auch dann wie vorgesehen vergütet, wenn der Patient in demselben Quartal in die Praxis kommt oder den Arzt per Videosprechstunde konsultiert. Für Hausärzte/Kinder- und Jugendärzte heißt das, die GOP 01434 kann unabhängig vom Gesprächsbudget berechnet werden.
    Fachärzte erhalten die telefonischen Gesprächsleistungen der GOP 01434 auch dann, wenn eine Grundpauschale der Kapitel 5 bis 11, 13, 15, 18, 20, 26 oder 27 oder eine Konsiliarpauschale zur Abrechnung kommt.
     
  • Die Zuschläge zu den hausärztlichen Chronikerpauschalen (GOP 03221/04221) können auch bei mindestens einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (APK) und zusätzlich einem APK im Rahmen einer Videosprechstunde oder einem telefonischen APK berechnet werden.

Bei beiden Regelungen soll spätestens bis zum 1. Dezember 2021 geprüft werden, ob eine weitere Verlängerung beziehungsweise eine Anpassung der Regelung ggf. im Jahr 2022 erforderlich ist.

Nicht verlängert wurde die Verringerung der erforderlichen CME-Punkte für die transurethrale Therapie mit Botulinumtoxin von acht auf vier Punkte, die somit Ende September ausläuft. Auch gelten die durch die Partner des BMV-Ä beschlossenen befristeten Sonderregelungen für die NäPA in Ausbildung sowie für deren Refresher-Kurse nur noch bis zum 30. September 2021; sie beinhalteten, dass die Genehmigung durch die zuständige KV für die NäPA auch dann erteilt werden kann, wenn nachgewiesen wurde, dass mit der Fortbildung zur NäPA bereits begonnen wurde und der voraussichtliche Abschluss der Fortbildung bis zum 30. September 2021 erfolgen wird.

Viele weitere Corona-Regelungen wurden ebenfalls verlängert!

Der Bundestag hat am 25. August 2021 den Fortbestand der epidemischen Lage von nationaler Tragweite für drei weitere Monate beschlossen. Dies hat „automatische“ Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in der vertragsärztlichen Praxis. Die wichtigsten daraus resultierenden Regelungen sind in der Folge dargestellt und gelten zunächst bis zum 25. November 2021 weiter:

  • Krankenhäuser können für einen längeren Zeitraum (in der Regel 14 Tage) zum Übergang in die ambulante Versorgung Leistungen veranlassen oder Bescheinigungen ausstellen. Dies betrifft AU-Bescheinigungen, häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel, Soziotherapie, spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) sowie Heilmittel. Bei Heilmitteln wurde die 12-Kalendertage-Frist, bis zu der die vom Krankenhaus verordnete Heilmittelbehandlung abgeschlossen sein muss, auf eine 21-Kalendertage-Frist erweitert. Bei der Verordnung von Arzneimitteln im Entlassmanagement bleibt die Begrenzung auf eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen ausgesetzt. Für sonstige Produkte wie Blutzuckerstreifen oder Verbandmittel dürfen Rezepte für den Bedarf von bis zu 14 Tagen ausgestellt werden. Die Einlösefrist für Entlassrezepte wurde auf 6 Werktage verlängert.
  • Die vorgegebenen Zeiten für die Kinder-Früherkennungsuntersuchungen U6, U7, U7a, U8 sowie U9 können weiter überschritten werden, ohne dass es zu einer Abrechnungskürzung kommt.

    Tab.:
    Diese Regelungen sind an Beschlüsse des G-BA gebunden und wurden bis zum 31. Dezember 2021 verlängert:
  • Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an Corona erkrankten Versicherten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, müssen nicht vorab durch die Krankenkasse genehmigt werden.

Hinzu kommen die in der Tabelle dargestellten Leistungen, die nicht an den Beschluss des Bundestages zur epidemischen Lage von nationaler Tragweite gebunden sind, aber durch Beschluss des G-BA bis zum 31.12.2021 verlängert wurden.

Wichtige Neureglungen zur eAU!

Beachtenswert sind die vom BA beschlossenen Regelungen, die im Zusammenhang mit der ab 1. Oktober 2021 gesetzlich vorgeschriebenen Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) auf elektronischem Weg (eAU) an die Krankenkasse zusammenhängen. Hier besteht bereits die Übergangsregelung, dass der Patient bis zum 30. Juni 2022 seinen Durchschlag für den Arbeitgeber noch papiergebunden erhält. Weil für die Übermittlung der eAU ein elektronischer Heilberufsausweis (eHBA) erforderlich ist, dieser aber bisher nicht flächendeckend zur Verfügung steht, können diesbezüglich betroffene Praxen außerdem weiter eine AU papiergebunden nach Muster 1 ausstellen.

  • Neu sind Beschlüsse des BA zur Sachlage, wenn eine AU nicht elektronisch verschickt werden kann, sondern auf dem Postweg. Für den Zeitraum zwischen dem 1. Oktober 2021 und dem 31. Dezember 2021 wurde deshalb eine neue Portopauschale nach Nr. 40130 EBM eingeführt. Sie kann für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet (Bildschirmfoto) erzeugten papiergebundenen AU an die Krankenkasse des Patienten berechnet werden, wenn nach Ausstellung festgestellt wird, dass die elektronische Datenübermittlung an die Krankenkasse nicht möglich ist und diese nicht bis zum Ende des nachfolgenden Werktages nachgeholt werden kann.
  • Damit der Notwendigkeit für den Versand einer AU auf postalischem Weg neben einer elektronischen Übermittlung bei einem Hausbesuch Rechnung getragen werden kann, wurde außerdem eine Kostenpauschale nach Nr. 40131 EBM für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen AU an den Patienten im Zusammenhang mit der Durchführung einer Besuchsleistung entsprechend den EBM-Nrn. 01410, 01411, 01412, 01413, 01415 und 01418 geschaffen. In diesem Fall muss die Praxis nach dem Hausbesuch die AU elektronisch übermitteln und ein Bildschirmfoto (Stylesheet) an den Patienten verschicken, damit dieser das Papier an den Arbeitgeber weiterleiten kann.
  • Bei der eAU im Rahmen einer Videosprechstunde wurde eine „Fristenregelung“ geschaffen: Vom 01.10.21 bis zum 31.12.21 kann nach Nr. 40128 EBM eine Kostenpauschale für die postalische Versendung einer mittels Stylesheet erzeugten papiergebundenen AU oder einer AU gemäß Muster 1 an den Patienten berechnet werden. Diese Kostenpauschale soll dabei nur berechnungsfähig sein, bis ein verbindliches elektronisches Muster für die AU gemäß dem Entgeltfortzahlungsgesetz zur Verfügung steht und dann auch die AU auf elektronischem Weg an den Patienten versendet werden kann. Ab 01.01.2022 ist deshalb in der Legende die Möglichkeit des Versandes nach Muster 1 gestrichen worden.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.