Der Pandemie-Hygiene„zuschlag“ wird 2022 gesenkt – muss man das akzeptieren?

      Abrechnung     SARS-CoV-2

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Auch 2022 wird der besondere Kostenaufwand im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie von den Privatkassen und Beihilfestellen erstattet. Mit der Bundes­ärztekammer (BÄK) hat man sich auf die Abrechnung einer neuen analogen GOÄ-Ziffer A383, statt der bisherigen GOÄ-Ziffer A245, verständigt. Berücksichtigt man, dass der Aufwand angesichts der erwarteten Omikron-Welle nicht weniger wird, ist die Reduktion von bisher 6,41 Euro auf 4,02 Euro wenig nachvollziehbar. Deshalb sollte man berücksichtigen, dass man dieses „Angebot“ nicht annehmen muss!

Nach Abstimmung mit dem PKV-Verband und den Beihilfe­kosten­trägern zu einer erneuten Verlängerung der Analog­abrechnungs­empfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygienemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie – so heißt es in einer Stellungnahme der BÄK – haben die Kosten­erstatter einer Verlängerung unter der Maßgabe zugestimmt, dass künftig dieser Mehraufwand nur noch auf Grundlage der Nr. 383 GOÄ analog zum 2,3-fachen Satz (= 4,02 Euro) berechnet werden kann. Bei der Original-Ziffer 383 handelt es sich um eine kutane Testung (z. B. Pirquet, Moro), aus deren Einfachsatz von 1,75 Euro sich dieser Wert ergibt.

Das sind die Regelungen im Detail

BÄK, PKV-Verband und die Träger der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamten­rechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder haben konkret folgende Empfehlung für die Erfüllung aufwändiger Hygiene­maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie bekanntgegeben:

  • Je Sitzung kann analog Nr. 383 GOÄ für die erhöhten Hygiene­maßnahmen im Rahmen der Pandemie zum 2,3-fachen Satz berechnet werden.
  • Die Abrechnungs­empfehlung gilt vom 01.01.2022 bis zum 31.03.2022 und ist nur bei unmittelbarem, persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt im Rahmen einer ambulanten Behandlung anwendbar.
  • Bei Berechnung der Analoggebühr nach Nr. 383 GOÄ kann ein erhöhter Hygieneaufwand nicht zeitgleich durch Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes für die in der Sitzung erbrachten ärztlichen Leistungen berechnet werden.
  • Eine Berechnung der Nr. A383 GOÄ ist auch neben der Nr. 3 GOÄ in einer Sitzung möglich.
  • Eine Steigerung der anderen in derselben Sitzung erbrachten Leistungen über den jeweiligen Schwellenwert ist nur aufgrund sonstiger Erschwernisgründe, wie z. B. Blutung, Rezidiv etc., möglich.
  • Eine gleichzeitige Steigerung der in derselben Sitzung erbrachten Leistungen über den jeweiligen Schwellenwert mit der Begründung „erhöhter Hygieneaufwand“ o. Ä. aufgrund der COVID-19-Pandemie ist beim Ansatz der Nr. A383 nicht möglich.
  • Wenn nicht Nr. 383 GOÄ analog berechnet, sondern ein erhöhter Hygiene­aufwand durch Steigerung der erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt wird, ist die Steigerung für jede einzelne Leistung verständlich und nachvollziehbar zu begründen. Pauschal­begründungen sind nicht erlaubt.
  • Die Nr. A383 GOÄ ist nicht berechnungsfähig bei einer Leichenschau. Ein erhöhter (Zeit-)Aufwand bei besonderen Todesumständen kann hier ggf. nach Nr. 102 GOÄ berechnet werden.
  • Berechnung bei Versicherten der Postbeamten­krankenkasse (PBeaKK):
    • Bei Versicherten der Mitglieder­gruppe A (Abrechnung gemäß Vertrag KBV-PBeaKK) ist die Analog­abrechnungs­empfehlung nicht anwendbar.
    • Bei Versicherten der Mitglieder­gruppe B (Abrechnung gemäß GOÄ) kann die Analog­abrechnungs­empfehlung angewendet werden.
  • Berechnung bei Versicherten der Kranken­versorgung der Bundesbahn­beamten (KVB): Die Analog­abrechnungs­empfehlung wird für alle Mitglieder (alle Beitrags­klassen) anerkannt.

Der besondere Hygiene­aufwand im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie kann seit dem 1. Januar 2022 nach GOÄ alternativ pauschal oder unter Einsatz des Multiplikators (§ 5 Abs. 2 GOÄ) in Rechnung gestellt werden:

GOÄLegendeFaktorEuroFaktorEuro
1Beratung2,310,723,0*13,98
7Organuntersuchung2,321,463,0*27,99
298Nasen-Rachen-Abstrich2,35,363,0*6,99
1A383Hygienepauschale2,34,02  
 SUMME 41,56 46,96

* Besonderer Hygiene­aufwand bei Verdachtsfall auf eine Infektion mit SARS-CoV-2

Fazit

Bei der Beurteilung dieser Regelung darf man die Parallelität zur Handhabung im EBM nicht vergessen. Dort gibt es seit dem 1. Januar 2022 eine Hygienepauschale von 23 Cent pro Fall. Vergleichbar ist in der GOÄ die nunmehr geänderte Nr. A383. Eine Analogie zur Möglichkeit des Einsatzes der Pseudo­nummer 88240 bei Einzelfällen im EBM ist in der GOÄ hingegen die ausdrücklich auch in dieser Empfehlung wieder bestätigte Möglichkeit, individuell den Multiplikator einzusetzen. Man muss dies in beiden Fällen lediglich begründen: Im EBM geschieht dies durch entsprechende ICD-10-Codes, in der GOÄ durch eine Begründung im Freitext (siehe Tabelle).

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.