Das sind die wichtigsten extrabudgetären Leistungen im hausärztlichen Bereich

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Der Bundesgesundheitsminister hat nach der Entbudgetierung der pädiatrischen EBM-Leistungen dies auch für den hausärztlichen Bereich versprochen. Die Umsetzung kann noch dauern, bis dahin sollte man die Gebührenordnungspositionen (GOP) beachten, bei denen das schon vollzogen ist:

Leistungsbereich

GOP, EBM-Abschnitt

„Blockbuster“

Prävention Abschnitte II 1.7.2, 1.7.3 EBM.        

Beratung zur Organ- und Gewebespende

GOP 01731 bis 01734, 01737, 01740, 01745 bis 01748, 32880 bis 32882.      

01480

Kooperations- und Koordinationsleistungen Abschnitt IV 37.2

GOP 37100, 37102, 37105, 37113, 37120

Ambulante Operationen Abschnitte IV 31.1 und 31.4 EBM: prä- bzw. postoperative Leistungen

GOP 31010 bis 31013 und 31600

„Digitale“ Leistungen

Leistungen im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA)

GOP 01471 bis 01476

Videosprechstunde und Videofallkonferenz

GOP 01442, 01450, 40128 und 40129

Notfalldatenmanagement, Videokonsilium

GOP 01640 bis 01642, 01670 bis 01672

Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte

GOP 01431, 01647

Telemonitoring bei Herzinsuffizienz

GOP 03325, 03326, 04325, 04326

Formularleistungen

Medikationsplan, Verordnung von medizinischer Rehabilitation

GOP 01670, 03222, 04222, 01611

Krankenhausbegleitung

GOP 01615

Verordnung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung

GOP 01425, 01426

Spezialisierte geriatrische Diagnostik

GOP 30980, 30988

Quelle: Beschluss des Bewertungsausschusses (664. Sitzung, 9. August 2023)

Betriebswirtschaftlich gesehen nehmen die verschiedenen Vorsorgeleistungen, die von Hausärztinnen und Hausärzten durchgeführt werden können, die Spitzenposition ein. Leider lässt die Häufigkeit der Inanspruchnahme in der Bevölkerung aber zu wünschen übrig. Nach Angaben von Statista haben 2023 nur 33,95 Millionen Bundesbürgerinnen und -bürger angegeben, regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, 25,84 Millionen gelegentlich und 10,81 Millionen nie. Daraus resultiert für die hausärztlichen Praxen eine nicht unbedeutende Honorarreserve. Aber auch der medizinische Aspekt spielt dabei selbstverständlich eine Rolle. Der Gesundheitsminister will deshalb die Präventionsleistungen in der GKV fördern. Was er diesbezüglich vorhat, ist bisher nur vage bekanntgeworden, wie z. B. die Ausweitung der Analyse von Risikofaktoren auf das Kindes- oder Jugendlichenalter. Der Herausforderung sollten Hausärztinnen und Hausärzte sich aber schon vorher stellen und mit einem optimierten Terminmanagement möglichst alle berechtigten GKV-Versicherten für die entsprechenden Leistungen rekrutieren. Altersabhängig stehen insbesondere die Gesundheitsvorsorgeuntersuchung ab dem 18. Lebensjahr, die Krebsvorsorgeuntersuchung bei Männern ab dem 45. Lebensjahr, das Hautkrebsscreening und das Hepatitisscreening ab dem 35. Lebensjahr, die Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ab dem 50. Lebensjahr und die Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen bei Männern ab dem 65. Lebensjahr zur Verfügung.
 
Die folgenden Leistungen könnten unter Berücksichtigung des Alters, der Zeitschienen und der vorgeschriebenen Untersuchungs- und Beratungsanlässe sogar in einer Sitzung berechnet werden. Dabei ist auch die Beratung zur Organ- und Gewebespende berücksichtigt, die ab dem 14. Lebensjahr alle 2 Jahre ebenfalls exklusiv nur von Hausärztinnen und Hausärzten erbracht und berechnet werden kann:

GOP

Legende

Alter

Abstand

Euro

01480

Beratung über Organ- und Gewebespenden

ab 14

alle 2 Jahre

7,76

01732

Gesundheitsvorsorgeuntersuchung

18–34

einmalig

38,90

Gesundheitsvorsorgeuntersuchung

ab 35

alle 3 Jahre

01734

Hepatitisscreening

ab 35

einmalig

 

01745

Hautkrebsscreening

ab 35

alle 2 Jahre

30,19

01746

24,94

01731

Krebsvorsorge beim Mann

ab 45

jährlich

17,18

01737

Ausgabe und Weiterleitung eines Stuhlprobenentnahmesystems (iFOBT)

ab 50

Jährlich bzw. alle 2 Jahre

6,80

01740

Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms

ab 50

einmalig

13,84

01747

Beratung zum Ultraschallscreening auf Bauchaortenaneurysmen

ab 65

einmalig

9,79

01748

Sonographische Untersuchung auf Bauchaortenaneurysmen

14,80

SUMME

138,90

Quelle: EBM

Diese extrabudgetären Leistungen werden (zu) selten berechnet!

Operative Leistungen sind nicht unbedingt ein originäres Betätigungsfeld der Hausärztinnen und Hausärzte. Der EBM weist ihnen aber grundsätzlich die präoperative Diagnostik zu und auf (Rück-)Überweisung der Operateurin bzw. des Operateurs auch die postoperative Behandlung. Die Abrechnung dieser Leistungen als Fall ist sogar neben den sonstigen kurativen Behandlungsanlässen möglich, das wird aber selten in Anspruch genommen.

Ähnliche Akzeptanzschwierigkeiten scheinen auch die EBM-Leistungen zu haben, die digital zur Anwendung kommen, wie die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), die Videosprechstunde, das Telekonsil und das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. Hier sind vermutlich die bisher nicht grundsätzlich verpflichtend in das Praxisverwaltungssystem (PVS) einzuführenden Telematikinfrastruktur(TI)-Elemente als ursächlich anzusehen. Da dies seit dem 1. Januar 2024 aber durchgehend und sogar unter Sanktionsandrohung Einzug in die Praxen gehalten hat, sollte sich das Augenmerk auch in diese Richtung wenden, da unter Zuhilfenahme der TI solche Leistungen relativ einfach und teilweise sogar im Delegationsverfahren erbracht werden können.

Die seltenen Anlässe sollte man nicht übersehen!

Nicht alltäglich sind extrabudgetär vergütete Leistungen, die mit dem Ausfüllen von Formularen oder dem Anfertigen von Attesten verbunden sind. Im „Wald der bürokratischen Belastung“ sind sie allerdings „Bäume“, bei denen zumindest von einem leistungsgerechten Honorar gesprochen werden kann. Die Feststellung der medizinischen Notwendigkeit einer Mitaufnahme einer Begleitperson im Vorfeld einer nicht geplanten Krankenhausbehandlung wird zwar nur mit 3,58 Euro vergütet, kann aber mit einem einmalig selbst erstellten Musterformular bei Bedarf schnell erledigt werden. Bei der Verordnung von medizinischer Rehabilitation unter Verwendung des Vordrucks Muster 61 ist der Aufwand zwar etwas größer, das Honorar von 37,59 Euro trägt dem aber Rechnung. Da solche Anträge bei Patientinnen und Patienten ab dem 70. Lebensjahr von den Kassen „automatisch“ genehmigt werden müssen, ist außerdem mit keinem zusätzlichen Aufwand durch Nachfragen der Kasse zu rechnen.

Sonderfall Pflegeheimbetreuung!

Betriebswirtschaftlich gesehen sollten die Leistungen des Abschnitts IV 37.2 und 37.3 gleich nach der Prävention kommen, da hier Hausbesuche in einem Pflegeheim wesentlich angemessener vergütet werden. Obgleich die Zahl an Pflegeheimen und damit an Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern zunimmt, kommt den Leistungen bisher aber eher ein Mauerblümchendasein zu. Ob das an dem notwendigen bürokratischen Aufwand liegt, den Praxen erst einmal erledigen müssen, wenn sie einen Versorgungsvertrag mit einem Pflegeheim abschließen wollen, der von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) anerkannt wird, steht zur Diskussion und sollte Anlass zu weiteren Überlegungen bei der Entbürokratisierung der Praxen sein.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.