BA-Beschlüsse vom 9. Juni 2021: Diese Regelungen gelten während der Pandemie weiter!

      Abrechnung     SARS-CoV-2

Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Die Inzidenzen gehen zwar zurück und die Hoffnung wächst, dass wir bald von SARS-CoV-2 befreit sind. Trotzdem hat der Bewertungsausschuss (BA) einige EBM-Honorar-Sonderregelungen – zunächst bis zum 30. September 2021 – verlängert. Zusammen mit den bereits über einen längeren Zeitraum beschlossenen sonstigen Sonderregelungen ergibt sich eine etwas unübersichtliche Gemengelage, die in der Folge geordnet dargestellt wird.

Diese EBM-Regelungen gelten modifiziert weiter bis zum 30.09.2021!

  • Die telefonische Beratung nach der Nr. 01433 EBM (Zuschlag im Zusammenhang mit der Gebührenordnungsposition 01435 oder der Grundpauschale für die telefonische Beratung durch einen Arzt, 17,13 Euro) kann von Vertragsärzten bzw. Psychotherapeuten aus den EBM-Abschnitten 14.1, 16.1, 21.1, 22.1 und 23.1 je 10 Minuten bis zu 20-mal im Quartal berechnet werden. Die Leistung wird unbegrenzt extrabudgetär vergütet.
  • Die Nr. 01434 EBM ist weiterhin für telefonische Beratungen je 5 Minuten berechnungsfähig. In die Legende wurde nunmehr aufgenommen, dass die Leistung nicht nur als Zuschlag zur Nr. 01435 oder der Versichertenpauschale nach den Nrn. 03000 und 04000 berechnungsfähig ist, sondern auch neben den Grundpauschalen der fachärztlichen Kapitel 5–11, 13, 15, 18, 20, 26 und 27 oder den Konsiliarpauschalen der Kapitel 12, 17, 19, 24 und 25 oder der Grundpauschale nach der Gebührenordnungsposition 30700. Hausärzte können die Leistung bis zu 6-mal, Fachärzte wie z. B. Gynäkologen bis zu 5-mal bzw. 2-mal im Quartal berechnen. Eine Anrechnung des Punktzahlvolumens auf das Budget der Nrn. 03230/04230 EBM von 64 Punkten wurde nunmehr aus der Fußnote endgültig gestrichen, so dass hier eine uneingeschränkte extrabudgetäre Vergütung vorliegt, ohne dass dies erneut beschlossen werden muss.
  • Kommt es im Rahmen eines Arzt-Patienten-Kontaktes (APK) nach Nr. 01434 EBM zu einem postalischen Versand von Rezepten für Arzneimittel, Verbandstoffe, Hilfsmittel (mit Ausnahme von Sehhilfen und Hörhilfen), der Verordnung einer Krankenbeförderung oder Überweisungen nach Muster 6 und 10 und Folgeverordnungen nach den Mustern 12 und 13, kann weiterhin die Portopauschale nach der Pseudoziffer 88122 berechnet werden. Auch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ist nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 17.06.2021 weiterhin nach telefonischer Konsultation erlaubt und deren postalischer Versand nach Nr. 88122 berechnungsfähig.

Neu ist, dass die Nr. 01434 EBM nicht nur neben der Nr. 01435, sondern auch neben den Chroniker-Leistungen nach den Nrn. 03221/04221 EBM berechnungsfähig ist. Hinzu kommt, dass die Regelung, nach der zum Ansatz der Nrn. 03221/04221 EBM ein weiterer APK erforderlich ist und hier der telefonische APK nach Nr. 01434 EBM mitzählt, Bestand hat.

Wie sich diese Verknüpfung aus beiden Regelungen künftig im Praxisalltag bei der Abrechnung auswirken kann, zeigt das folgende Fallbeispiel, bei dem ein 77-jähriger Patient mit einer chronischen Erkrankung zunächst einen Termin in der Praxis und danach per Telefon hat.

Erstkontakt

EBM

Legende

Euro

03005

Versichertenpauschale im 77. Lebensjahr

22,25

03040

Hausärztliche Grundpauschale

15,35

03220

Zuschlag zu der Versichertenpauschale nach der Gebührenordnungsposition 03000 für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung

14,46

Zweitkontakt

EBM

Legende

Euro

01434

Zuschlag im Zusammenhang mit der GOP 01435 oder der GOP 03000 und 04000 oder den Grundpauschalen der Kapitel 5–11, 13, 15, 18, 20, 26 und 27 oder den Konsiliarpauschalen der Kapitel 12, 17, 19, 24 und 25 oder der Grundpauschale nach der GOP 30700 für die telefonische Beratung durch einen Arzt

7,23

03221

Zuschlag zu der GOP 03220 für die intensive Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung

4,45

88122

Portopauschale für den Versand von Verordnungen für Arznei- und Verbandmitteln, Hilfsmitteln (mit Ausnahme von Sehhilfen und Hörhilfen), einer Krankenbeförderung, Überweisungen nach Muster 6 und 10 und Folgeverordnungen nach den Mustern 12 und 13 nach telefonischem APK – auch AU-Versand

0,90

Neu ist, dass der Versand auch dann nach Nr. 88122 berechnet werden kann, wenn es zu keinem persönlichen telefonischen APK, sondern nur einem Kontakt im Sinne der EBM-Nrn. 01430 (Verwaltungskomplex: Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder von Überweisungsscheinen ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt, 1,33 Euro) oder 01820 (Ausstellung von Wiederholungsrezepten, Überweisungsscheinen im Zusammenhang mit Empfängnisregelung, Sterilisation oder Schwangerschaftsabbruch, 1,22 Euro) kommt. In diesen Fällen ist eine Kombination aus den Nrn. 01430+88122 bzw. 01820+88122 möglich.

Diese Leistungen gelten unverändert, aber z. T. mit unterschiedlichem Enddatum weiter!
Eine Reihe weiterer bisheriger Beschlüsse des BA wurde bis zum 30. September 2021 oder später verlängert:

  • Die Aussetzung der behandlungsfall- und leistungsbezogenen Begrenzungen bei der Durchführung von Videosprechstunden bleibt bis zum 30.09.2021 erhalten. Dies bedeutet, dass weiterhin alle im EBM vorhandenen Abrechnungsbeschränkungen bei der Videosprechstunde aufgehoben sind – mit Ausnahme der Kürzung der Punktzahlen der Nrn. 03000/04000, der Nr. 03040 sowie der NäPA-Pauschalen um 20 Prozent, wenn ausschließlich Videosprechstunden in einem Quartal stattfinden. Die Kennzeichnung solcher Fälle erfolgt über die Pseudoziffer 88220.
  • Die Nr. 02402 EBM (Zusatzpauschale im Zusammenhang mit der Entnahme von Körpermaterial für Untersuchungen nach der Gebührenordnungsposition 32779 oder 32816 bei begründetem Verdacht auf das Vorliegen einer Beta-Coronavirus-SARS-CoV-2-Infektion zum Ausschluss einer Erkrankung, 8,12 Euro) kann weiterhin bis zum 30.09.2021 in kurativen Fällen 1-mal pro Tag und 4-mal im Quartal berechnet werden und wird extrabudgetär vergütet. Da diese Regelung als Fußnote im EBM auch an die vom Deutschen Bundestag festgestellte epidemischen Lage von nationaler Tragweite gebunden ist, kann man schon jetzt davon ausgehen, dass der Leistungsansatz auch über den 30. September 2021 für mindestens weitere 3 Monate möglich sein wird. Als kurative Fälle gelten Personen, die Kontakt mit einem Infizierten hatten und/oder selbst Symptome einer Infektion aufweisen. Der Beschluss des BA hebt in diesem Zusammenhang besonders hervor, dass auch Personen, die aufgrund einer Meldung der Corona-Warn-App in die Praxis kommen, bei der Testentnahme als kurativ eingestuft werden können. In solchen Fällen z. B. kann zusätzlich zur Nr. 02402 die Nr. 02403 EBM (7,12 Euro) als Zuschlag berechnet werden, wenn in diesem Quartal keine Versichertenpauschale zum Ansatz kommt. Die ursprünglich hierfür vorgesehene (präventive) Nr. 02402A wurde aus diesen Gründen bereits zuvor per BA-Beschluss aus dem EBM gestrichen.

Unbegrenzt gültig bleibt der Ansatz der Pseudonummer 88240 bei der Behandlung von Patienten, bei denen ein Verdacht auf oder eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus besteht. Die Ziffer kann an jedem Behandlungstag angesetzt werden und führt dazu, dass alle dort berechneten Leistungen extrabudgetär vergütet werden.

Wegen des pandemiebedingten starken Rückgangs von Reha-Verordnungen hatte der BA zuvor bereits beschlossen, dass die Nr. 01611 EBM (Verordnung von medizinischer Rehabilitation unter Verwendung des Vordrucks Muster 61, 33,60 Euro) bis zum 31.03.2023 weiter extrabudgetär vergütet wird.

Bei den Kinder-Untersuchungen U6, U7, U7a, U8 sowie U9 ist eine Überschreitung der Untersuchungszeiträume an den Zeitraum von 3 Monaten nach der Beendigung der vom Deutschen Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite gebunden. Da dieser Zeitraum mittlerweile auf den 30.09.2021 verlängert wurde, gilt diese Regelung nun bis zum 31.12.2021.

Sonderregelungen bei Fristen und sonstigen Auflagen im Rahmen der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, häuslicher Krankenpflege und Krankentransporten hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits zuvor bis zum 30. September beschlossen, so dass hier kein neuerlicher Beschluss erforderlich wurde.

  • Verordnungen von Heil- und Hilfsmitteln bleiben auch dann gültig, wenn es zu einer Leistungsunterbrechung von mehr als 14 Tagen kommt. Folgeverordnungen dürfen weiterhin auch nach telefonischer Anamnese und müssen nicht in den letzten 3 Arbeitstagen vor Ablauf des verordneten Zeitraums ausgestellt werden.
  • Folgeverordnungen bei der häuslichen Krankenpflege können für bis zu 14 Tage rückwirkend verordnet werden und dürfen auch nach telefonischer Anamnese ausgestellt werden, wenn zuvor eine unmittelbare persönliche Untersuchung stattfand. Die Verordnung kann dann postalisch übermittelt und nach Nr. 88122 berechnet werden. Längerfristige Folgeverordnungen müssen nicht begründet werden.

Krankentransportfahrten zu nicht aufschiebbaren zwingend notwendigen ambulanten Behandlungen von nachweislich an Corona erkrankten Versicherten oder von Versicherten, die aufgrund einer behördlichen Anordnung unter Quarantäne stehen, bedürfen nicht der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis in Hofheim/Taunus und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.