Ab 1. Januar 2023: Mehr Geld für die hausärztliche Terminvermittlung und die bevorzugte Terminvergabe!

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Abrechnungstipps von Dr. med. Gerd W. Zimmermann

Mit der Veröffent­lichung im Bundes­anzeiger am 7. November 2022 ist das „Gesetz zur finanziellen Stabili­sierung der gesetz­lichen Kranken­versicherung (GKV-Finanz­stabili­sierungs­gesetz)“ in Kraft getreten. Aus vertrags­ärztlicher Sicht ist die Änderung bei der sog. Neupatienten­regelung von besonderer Bedeutung. Die bisherige extra­budgetäre Vergütung bleibt erhalten, wird aber von erhöhten Zuschlägen bei bevorzugter Termin­vergabe abhängig gemacht.

Weil man sich im Bewertungs­ausschuss (BA) auf keine Regelung zur Umsetzung des gesetzlichen Auftrages einigen konnte, musste am 14.12.2022 der Erweiterte Bewertungs­ausschuss die notwendigen Anpassungen im EBM vornehmen.

Demnach gilt nun ab dem 1. Januar 2023:

Hausarzt-Vermittlungsfall

Hausärzte können für die Vermittlung eines Behandlungs­termins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsarzt weiterhin die Gebühren­ordnungs­positionen (GOP) 03008 bzw. 04008 zum Ansatz bringen. Die Leistung ist jetzt aber um rund 50 % höher vergütet.

EBMLeistungs­beschreibungWert 2023
03008
04008

Zuschlag zu der Versicherten­pauschale nach der Gebühren­ordnungs­position 03000 für die Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungs­termins gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V

Obligater Leistungsinhalt

  • Vermittlung eines Behandlungs­termins bei einem an der fachärzt­lichen Versorgung teilnehmenden Vertragsarzt
  • Überweisung an einen an der fachärzt­lichen Versorgung teil­nehmenden Vertragsarzt
 
131 Punkte
15,05 €

Die GOP 03008/04008 sind weiterhin nur berechnungs­fähig, wenn die Behandlung des Patienten spätestens am 4. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit durch den Hausarzt beginnt.

Neu ist, dass eine Berechnungs­fähigkeit der GOP 03008/04008

  • auch dann erfolgen kann, wenn die Behandlung spätestens am 35. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit durch den Hausarzt beginnt und eine Termin­vermittlung durch die Termin­service­stellen (TSS) der Kassen­ärztlichen Vereinigung oder eine eigenständige Termin­vereinbarung durch den Patienten (oder eine Bezugs­person) aufgrund der medizinischen Besonderheit des Einzelfalls nicht angemessen oder nicht zumutbar ist,
  • ab dem 24. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit unter Angabe einer medizinischen Begründung möglich ist.

Der Tag nach der Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit zählt dabei jeweils als erster Tag.

Unverändert gilt, dass die GOP 03008/04008

  • auch bei einer Überweisung an einen Facharzt für Kinder- und Jugend­medizin unter den genannten Voraus­setzungen berechnet werden kann, wenn dort die Voraus­setzungen zur Berechnung von Gebühren­ordnungs­positionen des Abschnitts 4.4 oder 4.5 erfüllt sind („Facharzt-Pädiater“),
  • dann mehrfach im Behandlungsfall berechnungs­fähig ist, wenn der Patient in demselben Quartal zu mehreren Fachärzten unter­schiedlicher Arztgruppen vermittelt wird,
  • nicht berechnet werden kann, wenn der vermittelte Patient nach Kenntnis des vermittelnden Hausarztes bei der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztgruppe derselben Praxis in demselben Quartal bereits behandelt wurde,
  • nur berechnet werden kann, wenn die (Neben-)Betriebs­stätten­nummer der Praxis angegeben ist, an die der Patient vermittelt wurde.

Überweisungsfall

Der an der fachärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt erhält für die Behandlung eines Versicherten aufgrund einer Termin­vermittlung durch die TSS und nun auch durch den Hausarzt (Hausarzt­vermittlungs­fall) einen Zuschlag auf die jeweilige Versicherten-, Grund- oder Konsiliar­pauschale. Dieser Zuschlag ist nur berechnungs­fähig, wenn

  • die Behandlung des Versicherten spätestens am 4. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit durch den Hausarzt oder
  • spätestens am 35. Kalendertag nach Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit durch den Hausarzt erfolgt und eine Termin­vermittlung durch die Termin­service­stellen der Kassen­ärztlichen Vereinigung oder eine eigenständige Termin­vereinbarung durch den Patienten (oder eine Bezugsperson) aufgrund der medizinischen Besonderheit des Einzelfalls nicht angemessen oder nicht zumutbar war.

Die Höhe des Zuschlags richtet sich nach der Anzahl der Kalendertage nach der Feststellung der Behandlungs­notwendigkeit durch den Hausarzt bis zum Tag der Behandlung und beträgt

  • ab dem gleichen bis zum 4. Kalendertag nach der Feststellung 100 %,
  • vom 5. bis 14. Kalendertag nach der Feststellung 80 % und
  • vom 15. bis 35. Kalendertag nach der Feststellung 40 %

der jeweiligen alters­klassen­spezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliar­pauschale.
Das Zeitintervall des Hausarzt­vermittlungsfalls muss durch Angabe einer bundes­einheitlich kodierten Zusatz­kenn­zeichnung dokumentiert werden, wobei davon auszugehen ist, dass die bisherigen Kenn­zeichnungen mit den Buchstaben B bzw. C bzw. D beibehalten werden.
Der Facharzt bekommt außerdem bei allen zuschlags­berechtigten Fällen alle Leistungen im betreffenden Quartal extrabudgetär vergütet, mit Ausnahme von Labor­leistungen des Abschnitts 32 des EBM.

Unverändert gilt, dass alle Zuschläge weder in die Berechnung von Abschlägen noch von Aufschlägen, die auf die Versicherten-, Grund- bzw. Konsiliar­pauschalen vorgenommen werden, angerechnet werden. Neu ist, dass die Zuschläge im Arztgruppen­fall insgesamt nur einmal berechnungs­fähig sind, auch dann, wenn in demselben Quartal eine erneute Behandlung desselben Patienten aufgrund einer erneuten Termin­vermittlung durch den Hausarzt oder durch die TSS erfolgt.

Als Abrechnungs­positionen für die Zuschläge bleiben im fach­ärztlichen Bereich die bisherigen GOP mit der Legenden­änderung „und/oder Vermittlung durch den Hausarzt“ erhalten.

Terminservicestellen-Akutfall

Unverändert müssen TSS in Akutfällen auf der Grundlage eines bundesweit einheitlichen, standardi­sierten Erst­einschätzungs­verfahrens eine unmittelbare ärztliche Versorgung in der medizinisch gebotenen Versorgungs­ebene vermitteln.

Die Behandlung eines Versicherten aufgrund einer solchen Vermittlung (nur durch die TSS, nicht durch den Hausarzt) wird mit einem Aufschlag in Höhe von 200 % auf die jeweilige Versicherten-, Grund- oder Konsiliar­pauschale vergütet, wenn der vermittelte Termin spätestens am Kalendertag nach Kontakt­aufnahme des Versicherten bei der TSS und Einschätzung als TSS-Akutfall unter Angabe der bundes­einheitlichen Kenn­zeichnung A erfolgt. Auch hier werden alle übrigen Leistungen im betreffenden Quartal extrabudgetär vergütet.

Sonderregelungen in der Pädiatrie

Wenn Früherkennungs­untersuchungen bei Kindern des Abschnitts 1.7.1 (ausgenommen Labor­leistungen und die Gebühren­ordnungs­position 01720 für die J1) aufgrund einer Termin­vermittlung durch die TSS erfolgen, erhält der Arzt eine Zusatz­pauschale nach der GOP 01710 in Höhe von

  • 217 Punkten, wenn die Untersuchung innerhalb des Zeitraumes vom gleichen bis 4. Kalendertag,
  • 173 Punkten, wenn die Untersuchung innerhalb des Zeitraumes vom 5. bis 14. Kalendertag,
  • 87 Punkten, wenn die Untersuchung innerhalb des Zeitraumes vom 15. bis 35. Kalendertag

nach der Termin­vermittlung erfolgt.

Auch hier wird das Zeitintervall durch Angabe einer bundes­einheitlich kodierten Zusatz­kennzeichnung (B, C, D) dokumentiert.

In diesem Zusammenhang ist die parallel vom Gemein­samen Bundes­ausschuss (G-BA) beschlossene Entscheidung relevant, die Toleranz­zeiten für die Kinder­vorsorge­untersuchungen U6, U7, U7a, U8 und U9 bis zum 31. März 2023 erneut auszusetzen. Dadurch können diese Unter­suchungen auch bei einer Über­schreitung der für sie jeweils festgelegten Unter­suchungs­zeiträume und Toleranzzeiten in Anspruch genommen werden, und zwar bis zum Ablauf von drei Monaten nach dem 31. März 2023. Der Beschluss tritt nach Prüfung durch das Bundes­ministerium für Gesundheit (BMG) und Veröffent­lichung im Bundes­anzeiger voraus­sichtlich rückwirkend zum 15. Dezember 2022 in Kraft.

Dr. med. Gerd W. Zimmermann ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit vielen Jahren als Referent sowie Autor zum Thema Leistungsabrechnung nach EBM und GOÄ tätig.